"Ich habs gefeiert!": Der Münchner Rapper Roger Rekless und die Philosophie des Rhythmus

von Clara Fiedler

Wut, Traurigkeit und Liebe als Antrieb für Musik: David Mayonga alias Roger Rekless. Foto: Stefan Hobmaier

 

Sein Lächeln ist so breit wie das Sofa, auf dem er sitzt. Feixend blättert er die „HipHop-Bravo“ durch und amüsiert sich königlich. David Mayonga alias Roger Rekless vermittelt vor allem eines: Gelassenheit. Ein liebevolles Verständnis für sich selbst spricht aus seinem Lachen, als er erzählt, wie er in Spandex-Hosen und mit dem Tennisschläger als Gitarrenersatz zu Bruce Springsteen vor dem Spiegel trockenübte. Er ist Gitarrist und Bassist. Und – trotz Vorliebe für Gitarrenrock – Rapper. „Ich denke nicht so genremäßig“, erklärt er auf die Frage, wie das zusammengeht.

„Ich habe immer beides gern gehört“. Daraus formte sich das, wofür Roger Rekless steht: Gitarrenlastiger HipHop mit deutschen Texten. Am meisten fasziniert und beeinflusst hat ihn Paris, ein HipHop-Künstler, der „so voll die Black Panther-Attitude draufhatte“, wie er erzählt. „Er hat schon früh gesagt, das Gangster-Ding bringt den HipHop nicht weiter. Wenn wir aggressiv sind, sollen wir unsere Aggression gegen das richten, was uns diskriminiert.“ Das „Whoaaah“, mit dem er den Satz kommentiert, ist die Vertonung der Gänsehaut, die ihm dabei anscheinend heute noch über den Rücken läuft. Der HipHop-Slang hört sich aus seinem Mund nie so an, als sei er Fehl am Platz oder aufgesetzt.Es ist eben die Art zu reden, die er lebt.

Auf die Frage, ob er selbst diskriminierende Erfahrungen gemacht hat, sagt er: „Ich bin in Markt Schwaben aufgewachsen. Als einziger Schwarzer.“ Was dann kommt, sind Hässlichkeiten wie „Neger, putz’ mir die Schuhe“ und das Gerede, das er als Junge über sich ergehen lassen musste. Von Selbstmitleid oder Über-Ego keine Spur: „Ich bin nicht so der Melancholiemensch.“

Der „Melodiemensch“ ist er nach eigenen Angaben auch nicht. Er braucht Rhythmen, Beats, die Botschaft im Text. „Es ist mir immer sehr schwer gefallen, auszudrücken, was ich sagen will. Ich bin nicht poetisch, ich kann nur direkt.“ Auch Technik und Aussage gehen für ihn nicht unbedingt einher. „Wenn es stark genug ist, reicht es, was man sagt.“ Für seinen Kollege Boshi-San, der ihn beim Musikprojekt „Team Makasi“ als zweiter MC unterstützt, „ist das völlig anders. Der hat es voll drauf, dieses Technische und Überlegte.“

"Team Makasi" ist ein Produkt dieser gegenseitigen Wertschätzung. „Boshi und ich haben den Sommer miteinander verbracht, er war mein Backing MC“, erzählt Mayonga. „Es war einfach eine gute Zeit und wir wollten einfach nur eine EP aufnehmen, um diese Zeit zu behalten.“ Das Schreiben, Texten und Aufnehmen der Songs ging so schnell, die beiden waren mit so viel Begeisterung dabei, dass der Entschluss zu einem ernsthaften Projekt reifte.

„Sowas hab ich noch nie erlebt! Und ich hab’s gefeiert“, schwärmt er. Letzterer ist ein Satz, der ihm ohnehin häufig über die Lippen kommt. Als Synonym für „Das hat mir gefallen“. Da ist noch die Frage, was ihn antreibt beim Musikmachen. Er überlegt. „Traurigkeit, Liebe und Wut. Textlich, wie auch beim Spielen“, ist schließlich seine Antwort. Die Texte behandeln nicht selten seine eigene Geschichte. Sein Scheitern. Sein Aufstehen. „Mein Leben ist Stoplern und wieder Hochkommen“, sagt er. Es mag sich ein wenig kitschig anhören. Aber wie wahr ist es, dass das der Inhalt eines jeden Lebens ist, und dass man genau damit berührt,Mitgefühl für sich und andere entwickelt.

Dennoch: „Das, was ich als wahr empfinde, ist nicht die Wahrheit anderer.“ Weise Worte, begleitet von dem breiten Lächeln. Und am Ende die Erkenntnis, dass David Mayongas große Liebe – der Rhythmus – die kleinste Einheit des Prinzips „Stolpern und wieder Aufstehen“ ist. Denn zwischen jedem Schlag eines Beats gibt es eine Pause.

 

Veröffentlicht am: 19.09.2011

Über den Autor

Clara Fiedler

Redakteurin

Clara Fiedler ist seit 2011 beim Kulturvollzug.

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