Fotos von Andrew Moore bei f 5,6

Von der Heiterkeit im Untergang

von Achim Manthey

Peacock Alley, Detroit 2008 (c) Andrew Moore, courtesy Galerie f 5,6

Die Ausstellung "New American Work" in München zeigt neuere Arbeiten des Fotografen Andrew Moore. Sie erzählen vom zerfallenden Zusammenspiel von Mensch und Natur - und bleiben dabei absurd heiter.

Die Schule ist aus. Nichts geht mehr an der Cass High Tech School. Das mit "Courtyard" betitelte, 2008 in Detroit entstandene Foto zeigt den Ausschnitt einer gelblichen Klinkerfassade. Vier Stockwerke mit 16 Fenstern sind erfasst, die Einblick in das Innere der Räume gewähren: Es herrscht Chaos in den Klassenräumen. Tische und Stühle sind kreuz und quer durch Zimmer geworfen, Tafeln zerbrochen. Hat da eine Abrissparty vor der Schleißung stattgefunden? Lediglich ein sorgfältig vor ein beigefarbenes Sofa gerückter gelber Stuhl in einem Raum beruhigt die Szenerie.

Organ Screen, Detroit 2008 (c) Andrew Moore, courtesy Galerie f 5,6

Andrew Moore, 1957 in Connecticut geboren, hat Architektur und Fotografie an der Princeton University in New Jersey studiert. Er lebt in New York, von wo aus er als Fotograf und Regisseur arbeitet. Die zweigleisige Ausbildung prägt sein fotografisches Interesse: Architektur als Ausdruck von Kultur und Geschichte an der Schnittstelle aufeinandertreffender und auseinanderdriftender  Berührungspunkte. Auf den großformatigen Aufnahmen erscheint die Zeit aus den Fugen geraten.

Ken's Barn, Merriman, Nebraska 2011 (c) Andrew Moore, courtesy Galerie f 5,6

Die Münchner Ausstellung zeigt erstmals in dieser Zusammenstellung Stadt- und Landschaftansichten, die zwischen 2008 und 2011 in Detroit und den Weiten Nebraskas entstanden sind. "Columbia", das verrottete Riverboat auf dem Bild "Bob-lo Boat" (Detroit 2008) hat an einer ebenso maroden Raffinerie festgemacht, rostet vor sich hin. Ein einst herrschaftliches Schlößchen verfällt, "My Heart is missin" hat jemand auf einen Spiegel geschrieben - zu mehr hat es nicht gereicht. Der Flügel des einst feudalen Lee Plaza Ballroom ist zertrümmert, liegt in der Mitte des verfallenden Raums, in dem sich seine Einzelteile verteilen. Eine monumentale Orgel ist vom Zahn der Zeit zerfressen, die Kardinalsfarbe nur noch fragmentarisch erkennbar. Und was von einem Leben bleibt zeigt eindrucksvoll das 2011 in Merriman, Nebraska, entstandene Foto "Ken's Barn": Boxhandschuhe, ausgebleichte Geweihe und Tierschädel, Werbetafeln, eine Winchester, die mit einer Schnur an eine an die Wand gepinnte Gürtelschnalle gebunden ist.

Die großformatigen Fotografien zeigen zuweilen surreal anmutende Szenen. Moore geht mit ihnen der Frage  nach dem Sinn von Werden und Vergehen nach. Er gelangt zu der Erkenntnis, dass das Zusammenspiel von Mensch und Natur janusköpfig ist in Zerstörung und Entstehung oder Neuentstehung. Das Ergebnis müsste düster sein. Ist es aber nicht. Anders als Dave Jordano, der in seiner Fotografie, die das Thema journalistischer angeht, ein schneidend scharfes Bild des zerfallenden Detroit zeichnet, sind Moores Bilder hell und licht. Eine absurde Heiterkeit geht von ihnen aus, als wolle er "s'werd scho" sagen.

Bis zum 26. Januar 2013 in der Galerie f 5,6, Ludwigstr. 7 in München, Di-Fr. 11-18 Uhr, Sa 11-15 Uhr, Eintritt frei.

Veröffentlicht am: 26.11.2012

Andere Artikel aus der Kategorie