Christopher Thomas zeigt Gewalt gegen Frauen

Was Menschen tun - Ein Plädoyer gegen Unmenschlichkeit

von Achim Manthey

Shobha, 26 Jahre alt (c) Christopher Thomas

Die Wohltätigkeitsausstellung "Verbrannte Frauen" bei Bernheimer zeigt zugunsten der Hilfsorganisation Women for Women Fotografien von Christopher Thomas. Es ist ein bedrückendes Plädoyer gegen Unmenschlichkeit.

Shobha (26) kann den Kopf kaum mehr heben. Brust und Hals bis ins Gesicht hinein sind schwerst verbrannt. Die starken Vernarbungen haben Haut und Muskulatur so stark zusammengezogen, dass jegliche Elsatizität verloren ist, die Bewegung braucht. Tanvin ist erst 16 Monate alt. Seine linke Körperhälfte vom Gesicht bis zum Bein ist nach Brandwunden vernarbt. Bei Neha (10) hat es Arm und Rücken aufs Schwerste getroffen.

Gerade in der Dritten Welt sind Frauen immer wieder Opfer der unterschiedlichesten Formen von Gewalt. Allein in Indien, so heißt es in einem Text zur Ausstellung, wird in Indien täglich eine Braut verbrannt, sei es, weil die Mitgift dem Bräutigam zu gering ist, sei es, um dem Mann eine neue Heirat zu ermöglichen. Auch in Paktistan werden Frauen und Mädchen als "unwertes Leben" im Vergleich zu Jungen, zu Tausenden bei lebendigem Leib verbrannt oder mit Säuren malträtiert. Die jüngsten Meldungen über Mehrfachvergewaltigungen in Indien, die zu schwersten Verletzungen oder gar zum Tod der Frauen führten, sind jedem im Gedächtnis.

Sunita, 35 Jahre alt (c) Christopher Thomas

Hier greift die Hilfsorganisation Women for Women (WfW) ein, um den entstellten, geschundenen Frauen zu helfen. Seit 2008 operieren die Gründerinnen der Organisation, Marita Eisenmann-Klein und Constance Neuhann-Lorenz, mehrmals im Jahr Frauen, denen Gewalt angetan wurde. Andere plastische Chirurginnen sind im Lauf der Jahre dazugekommen. Das alles geschieht auf karitativer Basis, die WfW ist ehrenamtlich tätig und finanziert sich ausschließlich über Spenden. Unter welch medizinisch einfachen Bedingungen diese Operationen durchgeführt werden müssen, zeigen Fotografien in der Ausstellung ebenfalls.

Im September 2012 reiste der Fotokünstler mit einem Team von Ärztinnen nach Indien, um im Krankenhaus von Jalandhar Portraits der Frauen zu machen. Etwa 80 Aufnahmen entstanden dabei, von denen 26 in der Ausstellung zu sehen sind. Dass da nichts reißerisch, propagandahaft ist, dafür bürgt Christopher Thomas, von dem in München zuletzt die Ausstellungen Passion und Venedig, die Unsichtbare zu sehen waren. Sehr sensibel ist der Fotograf auf die Opfer eingegangen, die sich bereitwillig ablichten ließen. Entstanden sind kraftvolle und berührende Dokumente einer kaum fassbaren Unmenschlichkeit. Die Aufnahmen entstanden vor den Operationen. Das danach ist nicht zu sehen. Und es können auch nur die sichtbaren Wunden und ihre Milderung sein, die gezeigt werden. Die seelischen entziehen sich der bildlichen Darstellung.

Neha (10) mit ihrer Großmutter (c) Christopher Thomas

Sunita (35) ist Opfer. Ebenso Shanti, mit 78 Jahren die älteste der portraitierten Frauen. Sie stehen für die unendliche Vielzahl anonymer Frauen und Mädchen, die tagtäglich dasselbe Schicksal erleiden. Die 10-jährige Neha ist gemeinsam mit ihrer Großmutter auf einem weiteren Foto zu sehen: Dass das Mädchen angesichts des körperlichen und seelischen Leids ein Kinderlachen bewahrt hat, kann bei dem Gezeigten nicht trösten. Es erschüttert eher noch mehr.

Bis zum 23. Febraur 2013 bei Bernheimer Fine Art Photography, Brienner Straße 7 in München, Do, Fr. 10-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr, Eintritt frei. Nähere Informationen unter www.womenforwomen-ipras.org

Veröffentlicht am: 21.02.2013

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