Fotos von Elmar Haardt im Amerika Haus

Überall und Nirgendwo - Szenerien ohne Ort

von Achim Manthey

Reno, aus der Serie "Amerika", 2011, (c) Elmar Haardt

Die Ausstellung "Returning Prospects/Wiederkehrende Aussichten" im Amerika Haus zeigt Bilder urbaner und anderer Landschaften des Münchner Fotografen Elmar Haardt. Sie sind seltsam ortlos.

Es ist dieser fahle, milchig-weiße Himmel, der fast alle Fotografien dominiert und die Motive noch stärker in Fremdheit und Anonymität rückt, als es ihre Auswahl ohnehin schon erreicht. "Reno" - der amerikanischen Stadt ist in der Draufsicht aus erhöhter Position die Farbigkeit fast vollständig entzogen. Ein Grau im Weiß, nur hin und wieder, wie zufällig sind blaue oder rote Tupfer eingestreut. Überbelichtung setzt Haardt bewusst als Stilmttel ein, um eine Ortlosigkeit der gezeigten Städte und Landschaften zu unterstreichen. Verstörend banal erscheint das auf einer Brache am Rande Münchens plazierte "Hochhaus mit Markise" auf einem anderen Bild. Es ist ein Lebensraum ohne Leben.

Hochhaus mit Markise, aus der Serie "Manchmal kann man die Berge sehen", 2011 (c) Elmar Haardt

Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten entstanden 2010 und 2011. Sie stammen aus zwei Langzeitprojekten des Fotokünstlers (38), der in München lebt und arbeitet. Die Serie "Manchmal kann man die Berge sehen" entstand in und um München, die Reihe "Amerika" in den nördlichen Bundesstaaten der USA. Das spielt indes nicht wirklich eine Rolle. Denn nur selten lassen sich die Bilder einer Örtlichkeit, einem Land zuordnen. Was bei dem einsamen, auf einem leeren Parkplatz abgestellten Pickup oder Aufnahmen von wenig einladenden Motels noch möglich erscheint, löst sich in anderen Bildern auf. Da laufen die amerikanische "Interstate" und die deutsche "Autobahn" fast parallel. Gäbe es nicht Schilder in den unterschiedlichen Sprachen, wäre eine geographische Erkennbarkeit vollends aufgehoben.

Haardt zeigt beileibe keine Unorte. Aber es sind entörtlichte Flecken Erde, von Menschen geschaffen, aber menschenleer. Der "Fußballplatz", den man besser als Bolzplatz bezeichnete, in der Senke eines Brachlandes vor einer triesten Münchner Hochhaussiedlung. Das Tor aus Metall erinnert an einen Hundezwinger. Beziehungslos dahinter ein vereinsamter Basketballkorb ohne Spielfläche. Einen endenwollenden Aufenthalt symbolisiert die Aufnahme des "Laster am Waldrand".

Fussballplatz, aus der Serie "Manchmal kann man die Berge sehen", 2011 (c) Elmar Haardt

Manche Aufnahmen wirken, nun ja, sagen wir mal: abgewartet. Die menschenleere Straße mit gelben Häusern, schnurgerade, öde, anonym, auch die mit "Passat" oder "Grauer Bulli" betitelten Fotos lassen den Betrachter nur schwer glauben, in einer dicht besiedelten und belebten Stadt wie München auch in kleinen Seitenstraßen den menschenleeren Moment zu erwischen. Immerhin ergibt sich hier ein Eindruck von der Unwirtlichkeit moderner Städte. Etwas anders verhält es sich mit der Serie "Amerika": Weitläufigkeit allein schafft bereits das Gefühl der Einsamkeit, auch der Eintönigkeit.

Die an sich unspektakulären Fotografien offenbaren eine besondere Sichtweise auf die abgebildeten Landschaften, die Elmar Haardt möglicherweise aus seiner akademischen Vorbildung als Soziologe, Ethnologe und Philosoph entwickelt hat. Er dokumentiert Lebensumstände und Entwicklungen, die ebenso frustrieren wie erhellen können. Das macht die Schau sehenswert.

Bis zum 26. April 2013 im Amerika Haus, Karolinenplatz 3 in München, Mo-Fr. 10-17 Uhr, Mi bis 20 Uhr, Eintritt frei.

Veröffentlicht am: 13.03.2013

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