Fotos von Henning Rogge bei Van de Loo

Bombige Landschaften - Spurensuche in Feld, Wald und Wiese

von Achim Manthey

Rotterbach und Hacksiefen, Rheinbach 2010 (c) Henning Rogge

Die bemerkenswerte Ausstellung "Bombenkrater" in München zeigt besondere Landschaftsfotografien von Henning Rogge. Sie belegen, wie die Natur Spuren von Tod und Gewalt unweigerlich überdeckt, ohne sie vergessen zu machen.

Auch gut 68 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übt die vielschichtige Thematik auf Künstler aller Genres eine ungebrochene Faszination aus. Der Hamburger Fotograf Henning Rogge beleuchtet mit seiner Arbeit einen besonderen Aspekt: Er sucht und findet die Spuren, die Bomben- und Granateneinschläge hinterlassen haben und die heute noch - mehr oder minder deutlich - sichtbar sind.

Mascheroder Holz, Braunschweig 2011 (c) Henning Rogge

Es sind hier zuvörderst nicht solche Löcher im Erdreich des urbanen Raums, die durch kontrollierte Explosionen alter, aber erst heute gefundener Sprengkörper entstehen. Rogge durchstreift Wälder, Wiesen und Felder, hat neben der Kameraausrüstung Leiter und Navigationshilfe dabei. Auch Luftbildaufnahmen helfen ihm, das zu entdecken, was er sucht. Bundesweit spürt er so diese kleinen, verborgenen oder zumindest abgelegenen Orte auf, denen eine schaurige Vergangenheit innewohnt, die durch Zeitablauf einer Zukunft gewichen ist.

Stolpe-Süd, Berlin 2008 (c) Henning Rogge

88 Aufnahmen solcher Orte sind im Lauf der Jahre entstanden. Die in der Ausstellung gezeigten Bilder sind auf die Zeit zwischen 2008 und 2013 datiert - das jüngste Foto hat Rogge erst kurz vor Ausstellungseröffnung Mitte April in der Nähe von Grünwald aufgenommen. Die Aufnahmen zeigen - meist aus leicht erhöhter Position fotografiert - kreisrunde oder mit ausgefransten Rändern versehene Erdlöcher, teilweise mit Wasser gefüllt, zu Tümpeln geworden, die wie schwarze Augenhöhlen eines Schädels auf ihre Vergangenheit weisen oder schlicht mit prall-grüner Entengrütze überzogen sind, wie auf dem 2012 im Münsterbusch bei Röttgen entstandenen Bild zu sehen ist. Andere Orte lassen die Vergangenheit nurmehr erahnen, wie die Reit bei Hamburg oder die Stelle in den Harburger Bergen, die nachgerade symbolisch ist für den Fortgang der Weltläufe: Auf dem zugeschütteten, zugewachsenen Krater liegt ein zusammengebrochener Hochsitz.

Beerenbruch, Castrop-Rauxel 2012 (c) Henning Rogge

In seinem Film Kirmes (1960) erzählt Wolfgang Staudte die Geschichte eines Kraters: Ein desertierter Soldat erschießt sich und wird 1944 in der Kuhle verscharrt. Erst 1959 wird seine Leiche und damit seine Geschichte entdeckt, als an der Stelle ein Karussell aufgebaut werden soll. Rogges Aufnahmen sind Sinnbild für diesen Teil der Geschichte. Künstlerisch streng formal, ernsthaft und diskret betreibt der Fotograf sein Geschäft. Fast scheint es, als wolle er die Stille, die Intimität dieser Plätze, die auch Erinnerungsorte sind, bewahren.

Bombenkrater. Der Titel klingt schaurig. Die Schau ist es nicht.

Bis zum 25. Mai 2013 in der Galerie Jo Van de Loo, Theresienstraße 48 in München, Di-Fr. 14-19 Uhr, Sa 11-15 Uhr, Eintritt frei.

 

Veröffentlicht am: 13.05.2013

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