Kopfbedeckungen in der Galerie für Angewandte Kunst

Rendevous mit Babette

von Achim Manthey

Daphne van der Grinten, Polarfuchs (Foto: Yvonne Seidel

Die Ausstellung "Lust auf Hut! Hüte rund um die Uhr" in München gibt Einblicke in die Geschichte dieses Kleidungsstücks und zeigt, was man heute wann und wo tragen soll.

Mit dem Polarfuchs in die Oper. Das schneeweiße Hutmodell von Daphne van der Grinten gibt ein solches Tier wieder, das sich, zwei Gänsefedern im Maul, auf dem Kopf seiner Trägerin zusammenkringelt, mit wachsam geöffneten Knopfaugen allerdings. Das Teil ist dem empfohlenen Anlass entsprechend sehr elegant. "Babette" hingegen, ein Nichts aus zwei schmalen Stoffstücken und halb über das Gesicht zu ziehendem Netzgitter , ist ein sogenannter Faszinator, der fürs Date empfohlen wird. "Adel" wiederum aus derselben Kategorie hält das Gegenüber auf Distanz.

Hut wird nicht mehr so häufig getragen heutzutage, sicht man einmal von beruflichen, religiösen oder folkloristischen Erfordernissen ab. Der Begriff "Hut" meint jene Kopfbedeckungen, die sich durch eine feste Form und umlaufende Krempe von Mütze oder Kappe unterscheidet. Lange gehörte der Hut für Sie und Ihn unabdingbar zur korrekten Ausgehbekleidung. Bis ins ausgehende 18. Jahrhundert belegten Hüte gesellschaftliche Hierarchien und Standesunterschiede. Exemplarisch war der Zylinder für den Mann - Damen trugen ihn allenfalls auf der Varieté-Bühne.

Heike Thamm, Adel (Foto: Astrid M. Obert)

Die alten ständischen Kleiderordnungen lösten sich allerdings mehr und mehr auf. Es begann eine Mode, in der sich Kleidung und Kopfbedeckungen nach dem Anlass, zu dem sie getragen wurden, richteten. Ohne Hut aber ging nichts. Selbst bei den Suffragetten nicht, wie frühe Aufnahmen ihrer Aufmärsche zeigen. Bis in die 1960er Jahre hinein gehörte der Hut dazu, begann die Trägerinnen und Träger aber auch zu stigmatisieren. Man denke an den berühmt-berüchtigten Einheitshut in faden Braun- oder grau-grünen Tönen der Damen eines bestimmten Alters, der nicht ganz zu Unrecht den Spottnamen "Kompotthut" trug. Das Stück aus Breitcord für den Herrn war allerdings auch nicht flotter.

Heute geht es da etwas legerer zu. Zwar liegen Mütze und Caps mehr im Trend, aber auch der Hut kommt wieder vor. Zeitgeist und Lebensgefühl bringen die Leute damit zum Ausdruck und lassen durch die Art, wie sie die Kopfbedeckung tragen, ein wenig Rückschluss auf ihre Persönlichkeit zu.

Christine Halbig, Florence (Foto: Christine Halbig)

Die Münchner Ausstellung zeigt 125 Exponate von fünf Modistinnen zu acht Themenstationen, von "Ausschlafen" und "Aus dem Haus" und "Meeting" über "Feier", "Latte Macchiato" bis hin zu "Dinner", "Oper" und "Clubbesuch". Da ist wirklich für jeden Anlass etwas dabei. Schlafmützen mit neckischen Stickereien und Schlafbrillen, die eigentlich seit Chaplins "Gräfin von Hongkong" schon out sind, wirken etwas deplaziert. Die Schau ist eher feminin orientiert, nur einige wenige Stücke können auch von Männern getragen werden. Als solcher allerdings ist man geneigt, es schade zu finden, dass sich die gezeigten Stücke im Straßenbild kaum wiederfinden werden. "Florence" statt Cap oder Wollmütze. Das wär's.

Bis zum 1. Juni 2013 in der Galerie für Angewandte Kunst des Bayerischen Kunstgewerbevereins, Pacellistraße 6-8 in München, Mo-Sa 10-18 Uhr, freier Eintritt. Am 17., 24. und 31. Mai 2013 finden zwischen 16 und 18 Uhr Hutproben mit den Ausstellerinnen statt.

Veröffentlicht am: 16.05.2013

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