Ein Hauch von Hoffnung für das künftige Kreativquartier an der Dachauer Straße: Die Stadt will die vorhandenen Künstler in die Planung nun doch mit einbeziehen – zumindest ein bisschen

von Michael Grill

Keine Zukunft? Oder ist der Erhalt doch eine "Option"? - Das Atelierhaus Dachauer Straße 110g. Foto: ok

Niemand außer den Um- und Neuplanern versteht das auf den ersten Blick: Da hat die Stadt auf dem alten Kasernengelände an der Dachauer Straße ein lebendiges, gewachsenes Künstlerquartier, und demnächst soll das alles zerschlagen werden, damit unter anderen ein sogenanntes Kreativquartier eingerichtet wird. Paradox? Man kann das erklären, aber eben nur zum Teil.

Bei einer üppig besetzten Podiumsdiskussion in der randvollen Schwere-Reiter-Halle auf dem Gelände erklärte Kulturreferent Hans-Georg Küppers (SPD): Die Ex-Kaserne sollte eigentlich zum Bauhof werden, die Kunst entstand (mal wieder) als Zwischennutzung, auch wenn das einige inzwischen vergessen wollen. Die Stadt müsse Wohnungen bauen, trotzdem versuche man, die riesige Jutier- und die Tonnenhalle auf dem Gelände als „Probe- und Aufführungszentren“ einzurichten. Küppers: „Das ist für München völlig neu - keine Wohn-Monokulturen, sondern ein Mix aus Kreativität, Arbeit und Wohnen.“ (Völlig neu ist es nicht, denn bei der jetzigen Kultfabrik im Osten sind die Pläne ähnlich.) Der Knackpunkt sei das Atelierhaus 110g – denn bei diesem ist völlig offen, ob es erhalten werden kann. Die Umgestaltung werde aber sicher später als geplant kommen – wohl erst 2013 oder sogar 2014. Küppers bewies im Laufe des Abends mehrmals seine Fähigkeit, auch hitzige Diskussionen elegant zusammenzuargumentieren, schoss aber einen für seine Verhältnisse bemerkenswert giftigen Pfeil in Richtung Bauabteilung: „Ich bin nur der Kulturreferent, nicht der Betonreferent.“

Mehr als gedacht: Ein Ausschnitt des Podiums im Schwere Reiter. Foto: Michael Grill

Der schnoddrig-souveräne Moderator Franz Kotteder ließ sich auch von einer mäßig lustigen Sponti-Protest-Performance (Überreichung einer Salami „wegen der Salamitaktik“) nicht aus der Ruhe bringen und frotzelte vor allem die SPD an, für die Stadträtin Ingrid Anker den Kopf hinhielt: Ob ihr nicht Wohnungen generell lieber als Künstler seien? Anker wünschte sich natürlich beides, wies aber darauf hin, dass sie es ungerecht fände, „einige Künstler über Jahrzehnte zu subventionieren, und den anderen, jungen gar nichts zu geben“.

Der grüne Landesvorsitzende Dieter Janecek prangerte den „selbsterzeugten Verwertungsdruck“ an, dem man „sich entgegenstellen“ müsse (Kotteder: „Klingt wie Kronawitter 1990“), der Stadtsoziologe Helmuth Berking machte es schön dramatisch („Sie haben hier das, was man Gentrifizierung nennt“) und die Planungs-Professorin Ingrid Krau forderte, bei Bedarf „die heiligen Stadtratsbeschlüsse halt zu ändern“, das sei beim Hamburger Gängeviertel schließlich auch irgendwann gegangen.

Schließlich überraschte Stadtdirektorin Susanne Ritter mit der Feststellung, dass der Neubau-Wettbewerb für das Gelände noch gar nicht läuft. Die Stadt werde tatsächlich versuchen, „neue Ideen“ in das Verfahren einzuspeisen. Und Küppers kündigte an, noch vor der Sommerpause eine Veranstaltung mit allen Beteiligen zur künftigen Nutzung der Hallen machen zu wollen. Ein Hauch von Hoffnung - das war mehr, als man erwartet hatte.

Veröffentlicht am: 26.03.2011

Über den Autor

Michael Grill

Redakteur, Gründer

Michael Grill ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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Cosy Pièro
28.03.2011 16:18 Uhr

Lieber Michael Grill, ich möchte mich, auch im Namen der anderen KünstlerInnen in unserem Atelierhaus Dachauerstr.,für Ihren objektiven und unterstützenden Artikel zur Pod.-Diskussion recht herzlich bedanken. Wir hoffen weiterhin für den Erhalt des Hauses etwas tun zu können.

Mit besten Grüßen Cosy Pièro

Sara Rogenhofer
28.03.2011 16:40 Uhr

Lieber Michael Grill,

danke für Ihren unterstützenden Artikel und

beste Grüße von den Künstlern im Atelierhaus!!

Sara Rogenhofer

für das Atelierhaus Dachauerstr. e.V.

Anne Osmers
28.03.2011 18:00 Uhr

begleitend fühle ich mich mit den KünstlerInnen und ihrem Anliegen soledarisch und bedanke mich gleichfalls für Ihren Artilel.

Grüße Anne Osmers

Michael Grill
29.03.2011 08:36 Uhr

Im Namen des Kulturvollzug besten Dank für den Dank :-) Bleiben Sie uns gewogen und nutzen Sie unsere Plattform. Mfg, Michael Grill

Kreativquartiermuenchen.de
31.05.2012 03:38 Uhr

Bald findet ihr mehr Infos unter:

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