Die wunderbare Fantasiewelt der Bele Bachem

von Achim Manthey

Bele Bachem "Villa im Eulenviertel", Zeichnung aquarelliert (Foto: Galerie im Schlosspavillon)

In einer Retrospektive zeigt die Ismaninger Galerie im Schlosspavillon Arbeiten vor allem aus dem Spätwerk der großen Künstlerin.

Die Clowns lachen nicht. Sie streiten, schreien sich an, ringen, schlagen. "Streit der Clowne", 1994 entstanden, verkehrt die Erwartung des Betrachters ins Gegenteil. Mit feinem Strich zeichnet die Künstlerin die Lebenswirklichkeit hinter der Maske auf. Auch der streng trainierende Clown ist nicht heiter, muss er doch einen gewichtigen Manegenpartner schultern. Oder trägt der ihn? So genau lässt sich das bei Bele Bachem nicht sagen. Sie liebt die Überraschung, das Unerwartete. Der Betrachter muss sich sein Bild machen vom Bild.

Bele Bachem wird am 17. Mai 1916 in Düsseldorf geboren. Schon früh führt sie ihr Vater, der Kunstmaler Gottfried Maria Bachem, zur Malerei hin. Mit 18 geht sie fort von daheim, nach Berlin, beginnt dort ein Studium an der Kunstakademie und hat rasch Erfolg mit ihren außergewöhnlichen Bildern. Aber die Nazis verbieten sie. Bachem kann lange nicht arbeiten. 1943 holt Otto Falckenberg sie für ein erstes Bühnenbild nach München, wohin sie 1947 ganz übersiedelt und bis zu ihrem Tode bleiben wird. Sie entwirft zahlreiche Bühnenbilder und Bühnenausstattungen, Buchtitel und Buchillustrationen, auch Motive für die Porzellanfirma Rosenthal, sie beginnt zu schreiben, veröffentlicht 1977  unter anderem das wunderbare "Rosenwasser ausverkauft". Aber die Malerei und das Zeichnen bleiben ihr Leben. Sie, die mit zahlreichen Auszeichnungen versehen wurde, stirbt am 5. Juni 2005 in München. Ein "verrücktes Huhn" muss sie gewesen sein. Unkonventionell, unangepasst war sie. Dass sie nur in Schwabing leben konnte, in diesem Lebensgefühl vergangener Zeiten, versteht sich von selbst.

Bele Bachem "Aale Fangen", Zeichnung aquarelliert (Foto: Galerie im Schlosspavillon

"Ich neige so zum Düsteren." Die 37 in der Ausstellung gezeigten Werke überdecken dies durch ihre Farben und den schier unerschöpflichen Reichtum des Dargestellten. Artisten fliegen durch Reifen, werden selbst zu solchen. In dem 1979 entstandenen Werk "Im Schneckengarten" verwandeln sich Menschen in Schnecken, Finger, Daumen, Beine wachsen aus den Gehäusen, während ein Mädchen mit verbundenen Augen diese Wunderwelt zu ergründen sucht. Tanzende, frei schwebende Menschenfiguren mit Fledermausflügeln an den Häuptern bilden das "Balett der Fledermäuse" von 1999. Ein Portrait zeigt Frieda Kahlo, eine Seelenverwandte wohl, mit einer Schnecke im Haar, aus der ein menschliches Bein ragt. Ein Dicker schwebt durchs Fenster rein. Diego Rivera, Kahlos Mann? Die dargestellten Männerfiguren sind stets vollständig bekleidet, häufig im eleganten Gehrock. Die Frauen hingegen sind meist nackt oder nur flüchtig bekleidet dargestellt. Stramme Pos, pralle Brüste, die Scham ein Auge. Erotik, die subtil, ironisch ist und wirkt, ohne aufdringlich zu sein. Wie das in den prüden 1950er und 60er Jahren ankam, lässt sich denken.

Die Bilder entführen in Fantasiewelten. Der Betrachter steht davor, entdeckt dies und das und jenes auch noch. Er nimmt teil am Wettlauf mit Rennpferden des kleinen Mannes (1983), begleitet Herrn Gans auf Gänsejagd oder besucht die Studentin Anne mit Familie (1999). Er verlässt die idyllisch im Park gelegene Galerie und es könnte ihm passieren, dass er Fabelwesen begegnet.

Die Kunstgeschichte hat ihre Werke dem Surrealismus oder dem fantastischen Realismus zugeordnet. Bele Bachem selbst hat sich derlei "-ismen" stets verweigert. Sie war, wie sie war - einzigartig. Die Ausstellung, in der Zeichnungen, Malerei, Druckgraphiken, Bücher und Skulpturen in Bronze zu sehen sind, zeigt das.

Die Ausstellung ist noch bis zum 8. Mai 2011 in der Galerie im Schlosspavillon, Schlossstraße 1 in Ismaning zu sehen.

Nachtrag I. (3. Mai, 9 Uhr): Der Kulturvollzug hätte gerne Bilder der Künstlerin gezeigt. Leider konnte uns weder die Galerie noch die Gemeinde Ismaning Material zur Verfügung stellen. Da die Ausstellung nur noch wenige Tage zu sehen ist, veröffentlichen wir den Beitrag im Interesse der Aktualität ohne die üblichen Referenzabbildungen.

Nachtrag II. (3. Mai, 10 Uhr): Nachdem uns nun doch noch Bilder zur Verfügung gestellt wurden, hat Kulturvollzug den Beitrag nachträglich abgeändert und  ergänzt.

Veröffentlicht am: 03.05.2011

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