Neue Live-Bühne für München: Die „LiveKantine“ in der Kultfabrik startet mit „Cellarfolks“ und Irish Folk´n´Ska.

von Michael Wüst

Erster Törn mit tollem Strich: Die Cellarfolks in der "LiveKantine". Foto: M. Wüst

Ein Pre-Opening. Genau gesagt sogar ein Pre-Pre-Opening. Denn ausgesucht hatte sich Bookerin Janine Bogosyan eigentlich die „lange Nacht der Musik“ am 28. Mai, um loszulegen. Da sollte der erste Härtetest unter realen Bedingungen stattfinden. In der ehemaligen Nachtkantine, bekannt schon aus den frühen Tagen des Kunstpark Ost, soll die „LiveKantine“ zunächst einzelne Konzerte am Wochenende anbieten, ab dem Spätsommer wöchentlich dann vier, von Donnerstag bis inklusive Sonntag. Wir fragen uns natürlich, wird es ein Ü-Publikum sein, das man anpeilt? Selbst-Ü-ständlich! „Ü Dreissig“ soll hier hereingezogen werden mit dem klassischen Dreierriegel „Rock, Funk, Soul“. Freilich, Folk sei auch dabei, Country, Cover-Bands, Bossa und Latin divers. Gut, sagen wir alles außer Jazz und Punk und Musica Viva.

Die LiveKantine, der Raum. Auf den ersten Blick, das muss man wirklich bekennen, sind hier tatsächlich einige ganz wichtige Grundvoraussetzungen für eine hippe und lässige Live-Bühne à la Nachtcafé bestens gegeben. Gold wert ist die großzügige Terrasse. Winterclubs hat München wirklich genügend. Schweißtreibende Schuhschachteln. Flüstern beim Rauchen vor der Tür. Hier in der LiveKantine überkommt einen das nostalgische Gefühl früherer Münchner Musik-Sommer. Nichts ist schöner als freizügig und willkürlich umherzustreifen, während sich die Band abmüht. Sich angedudelt die kühle Brise eines herauf ziehenden Gewitter um die Nase wehen zu lassen und natürlich, eine zu rauchen. Da sind wir doch alle ein bisschen Ü.

Ein ganz dicker Pluspunkt für die LiveKantine also. Großzügig, das gastronomische Angebot. Es gibt Cocktails und man kann die ganze Nacht zu essen bestellen. Auch da leuchtet eine Parallele zum legendären Nachtcafé auf.

Die Bühne. Schräg wie eine rote Stones-Zunge leckt sie sich frech in den Raum und verleiht dem orthogonalen Kantinenraum eine gewisse Lockerheit. Der Sound. Wohl nicht ganz einfach. Parkettboden kontra Dachgiebel-Konstruktion. Die Tendenz zu einem etwas harten Sound besteht.

Hier ist der Sound nicht einfach, aber es gibt ein nostalgisches Gefühl. Foto: Kultfabrik

Das merkte man auch beim Auftritt der „Cellarfolks“. Im ersten Set deckte Holger Lüdorf an den Drums mit knallender Snaredrum und klassischem Rock-Drumming das tänzerisch Melodiöse der ersten Stücke zu. Geigerin Katharine Breit und Akkordeonist Rupert Lönner hatten teilweise zu kämpfen, nach vorne zu kommen. Aber die „Cellarfolks“ um den Sänger Ollie Becker sind gut live-erprobt und im zweiten Set war das leichte Scheppern korrigiert und der Raum bekam einen wärmeren Klang. Immer öfter flogen sie hoch, die Tassen, und man donnerte mit den Handflächen auf den Tischen den Rhythmus mit. Katharina Breit an der Fiddle spielt eine hochkultivierte Geige. Der Bogen ist mit der Geige förmlich verwachsen, da springt nie irgendetwas, ein toller Strich. Von da kommt der Groove dieser Musik. Akkordeon (Rupert Länner), Mandoline (Thomas Nick), und Gitarre (Wolfgang Fiebig) steppen die Offbeats in den Groove der Geige. Am Bass verbindend Jörn Isaksen. Dem Gesang (auch Thomas Nick, Mandoline) bleibt die Lebensfreude, das Shouten, das „Hoch die Tassen“. Die bayrisch-irische Freundschaft war wieder einmal besiegelt. Die Cellarfolks haben´s gut drauf - von melancholisch Traditionell bis zum Folk-Punk der „Dropkick Murphys“. „Shippin Up to Boston“. Leinen fest, ein guter erster Törn für die LiveKantine.

 

Kulturvollzug-Redakteur Michael Wüst ist auch Mitarbeiter der Kultfabrik und Kurator der dortigen Galerie Whitebox.

Veröffentlicht am: 21.05.2011

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Michael Wüst ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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