Honeggers "Johanna" vom Gärtnerplatztheater

Konzertant brennen mit sparsamen Lichteffekten

von Volker Boser

Das Ensemble beeindruckte auch schon durch seine schiere Größe (Foto: Christian Zach)

Aus der Not, sein eigenes Haus wegen Renovierungsarbeiten nicht bespielen zu können, macht Gärtnerplatzchef Josef E. Köpplinger eine Tugend. Honeggers Oratorium „Johanna auf dem Scheiterhaufen“ fand in der Alten Kongreßhalle auf der Theresienhöhe einen angemessenen Ort. Die konzertante Aufführung, durch sparsame Lichteffekte (Max Keller) angereichert,  zeugte eindrucksvoll von den Qualitäten der hauseigenen Kräfte. Chor, Kinderchor und Orchester des Theaters am Gärtnerplatz präsentierten sich optimal vorbereitet. Und auch die Auswahl der Solisten überzeugte.

Julia Stemberger in der Titelpartie - sie trug ihren Text auswendig vor -  zeichnete eine gleichermaßen starke wie zerbrechliche  Figur.  Sie ist die einzige reale Gestalt in diesem von der Tänzerin und Schauspielerin Ida Rubinstein  in Auftrag gegebenen Werk, das 1935 in Basel konzertant zur Uraufführung kam. Sieben Jahre später erlebte das Stück seine szenische Premiere am Stadttheater Zürich, diesmal in der deutschen Übersetzung von Hans Reinhart, die auch das Gärtnerplatztheater verwendet.

Angelika Sedlmeier, Julia Stemberger als Jeanne d'Arc und das Gärtnerplatz-Orchester (Foto: Christian Zach)

Man kann darüber streiten, ob die französische Originalversion nicht doch besser zum Duktus der Musik passt. Die Texte Paul Claudels rekonstruieren auf reichlich eigenwillige Weise das Schicksal der Jungfrau von Orleans - in einer Folge filmischer, bisweilen imaginärer Rückblicke, nicht immer chronologisch korrekt, sondern wie die Musik oftmals polymelodisch aneinandergereiht. Historische Figuren, etwa die Könige von Frankreich und England, werden zu Allegorien verzerrt. Beistand findet Jeanne am Tage ihrer Hinrichtung allein von Bruder Dominik, der ihr als Bote des Himmels die Stationen ihres Lebens zu erklären sucht. Michael von Au tat das erfreulich unpathetisch.

Unter den Sängern, die zum Teil in mehreren Rollen aufzutreten hatten,  ragten  Ferdinand von Bothmer und Elaine Ortiz Arandes heraus.

Vor allem aber war es ein Verdienst des Dirigenten Marco Comin, dass sich die vielen Facetten überaus eindrucksvoll zusammen fügten. „Johanna auf dem Scheiterhaufen“ zählt zu jenen Werken Honeggers, in denen man auch nach mehrmaligem Hören immer noch Neues entdecken kann: eine Mischung aus Sprech- und Musiktheater, antikem Drama und mittelalterlichem Mysterienspiel, die von den beiden Autoren zu faszinierender Synthese gebracht wurde.

Die letzten Vorstellungen finden am 18. und  19.12.2012 statt.  Karten unter Telefon 2185 1960.

Veröffentlicht am: 18.12.2012

Über den Autor

Volker Boser

Volker Boser ist seit 2010 Mitarbeiter des Kulturvollzug.

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