Nichts für Miesepeter - Rossinis "L'Italiana in Algeri" am Gärtnerplatz

von kulturvollzug

Thomas Enzinger inszeniert Rossins heitere Oper im Staatstheater am Gärtnerplatz. Dabei wird das Publikum von Lacher zu Lacher getrieben, Zeit zum durchatmen bleibt nicht. Trotzdem kommen Besucher und Ensemble irgendwie auf ihre Kosten.

Man kennt sie, die unangenehmen Zeitgenossen, die unentwegt Witze erzählen und schnell ihre Attraktivität verlieren, weil man gerne ein wenig mehr von ihnen erfahren hätte als flaue Pointen. Im Gärtnerplatztheater war es ähnlich. Ohne Punkt und Komma präsentierte Thomas Enzingers Inszenierung einen Kalauer nach dem anderen – den Kampf mit dem Liegestuhl, der sich nicht aufklappen lässt, das U-Boot aus der Schweiz, das zur Rettung der gestrandeten Italiener im algerischen Niemandsland auftaucht, einen weißen Hai, musikalisch korrekt untermalt. Kein Takt blieb unkommentiert.

Um das Geschehen anzuheizen, hatte sich der Regisseur einige Albernheiten einfallen lassen. Er verlegte die Handlung auf ein Schiff vor der Küste Algeriens (Ausstattung: Toto). Ein Mini-Flugzeug baumelt am Bühnenhimmel. Die Schiffskanone macht „Bumm“. Und Isabella, die Titelheldin (Rita Kapfhammer), schwebt herab, samt Gucci-Koffern, um koloraturgewandt ihr Schicksal zu beklagen („Cruda sorte!“). Ein Glück, dass sie wenigstens ihre wertvolle Schuhkollektion retten konnte.

Rossinis Oper „L´Italiana in Algeri“ ist gewiss nichts für Miesepeter. Wie immer man die Heiterkeit der Musik auf der Bühne adäquat beschreibt, darüber lässt sich trefflich streiten. Am Gärtnerplatz entschied man sich für Klamauk: deftig statt hintergründig, direkt statt augenzwinkernd. Es gab eine Menge zu lachen. Wer feinsinnigen Humor erwartete, war fehl am Platz.

Den Sängern war der Spaß, den sie dabei hatten, deutlich anzumerken, vor allem dem unverwüstlichen Stefan Sevenich, der als Bey Mustafa in seinem erfolglosen Bemühen um das italienische Rasseweib neben köstlicher Körper-Komik auch bemerkenswerte Tanzkünste zeigte. Die Fouette's wackelten zwar ein wenig. Doch das Haus tobte.

Dirigent Lukas Beikircher hielt mit dem animiert aufspielenden Orchester das musikalische Geschehen so präzise zusammen, wie es die aufgedrehte Bühnenhektik erlaubte. Die Ensembles glitzerten bravourös, bei Rossini bekanntlich die halbe Miete. Der polnische Tenor Karol Kozlowski (Lindoro) wird sich noch steigern können. Bariton Juan Fernando Gutierrez war als Taddeo bei Isabella ohne Chancen, beim Publikum siegte er mühelos.

Im Mittelpunkt stand, wie es sich gehört, die Titelheldin: Rita Kapfhammer hatte mit sattem Mezzo alles im Griff – bis auf die böse Schlusspointe, die hier aber nicht verraten werden soll.

Volker Boser

Veröffentlicht am: 17.01.2011

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