"Jenseits von Eden" in der Schauburg

Lebensthema von zwei Generationen

von Gabriella Lorenz

Rostige Buchstaben aus besseren Zeiten. (Foto: DigiPott)

Beim Titel denkt man meist zunächst an den Film mit James Dean in der Hauptrolle. Doch Elia Kazans Verfilmung von 1955 behandelt nur den dritten und vierten Teil des großen Romans "Jenseits von Eden" von John Steinbeck. Regisseur Gil Mehmert erzählt an der Schauburg in zwei Stunden das ganze, über drei Generationen reichende Familienepos, lässt aber den Nebenstrang der Familie Hamilton weitgehend weg. Sebastian Horn von den Bananafishbones hat dazu Songs geschrieben, so wird daraus Rockmusiktheater unplugged.

Es ist nach "Scuderi" und "Fahrenheit 451" die dritte Zusammenarbeit von Mehmert mit dem Trio Bananafishbones: "Die stammen aus Bad Tölz und sind sehr heimatverbungen", erklärt der Regisseur. "Da 'Jenseits von Eden' im weiteren Sinne ein Country-Stoff ist, in dem es auch um die Beziehung von Menschen zu Landschaft und Erde geht, passt das gut zu akustischer Musik." Der 48-jährige Regisseur ist in München bestens bekannt: Legendär wurde seine Inszenierung "I Hired a Contract Killer" am Metropoltheater. Er hat in München bei Everding Regie studiert und Musik in Köln, weshalb Musik in seinen Inszenierungen eine große Rolle spielt. Kürzlich ist er mit seiner Familie von München nach Essen in seine Heimat Nordrhein-Westfalen umgezogen, wo er seit zehn Jahren als Professor an der Folkwang-Universität unterrichtet.Mehmert arbeitet landauf, landab von Berlin bis Zürich, brachte in Worms Moritz Rinkes Nibelungen-Parodie heraus und setzte die Eröffnung von Ruhr 2010 in Szene. Er ist ständig im Zug unterwegs - und übt dort an seiner Silent Guitar, einer Gitarre mit Kopfhörern.

Zwei Generationen (Foto: DigiPott)

Eden ist das biblische Paradies, aus dem Kain vertrieben wird, nachdem er aus Neid seinen Bruder Abel umgebracht hat. Das Lebensthema der Brüder, die um die Gunst des Vaters rivalisieren, wiederholt Steinbeck in zwei Generationen. Die Namen beginnen jeweils mit A und C wie Abel und englisch Cain. Adam Trask und sein Sohn Aron werden mehr geliebt als ihre Brüder, sind aber lebensuntüchtiger als Charles und später Caleb, die sich in der Realität gut zurechtfinden. "Adam hat unter der Eifersucht seines Bruders Charles gelitten, macht aber bei seinen Söhnen denselben Fehler wie sein Vater Cyrus", meint Mehmert. "Die nächste Generation ist nur scheinbar zivilisierter, aber es herrschen die gleichen archaischen Grundkräfte. Man will Liebe und Aufmerksamkeit mit Gewalt ertrotzen."

Die Frauen glänzen durch Abwesenheit: Adams Mutter begeht früh Selbstmord, seine Stiefmutter bevorzug ihren leiblichen Sohn Charles. Adams Frau Cathy betrügt ihn in der Hochzeitsnacht mit Charles und verlässt ihn nach der Geburt der Zwillinge Aron und Caleb. Sie wird Edelhure und reiche Puffmutter, was keiner weiß, bis Cal dahinterkommt. "Cal und Aron gehen unterschiedlich damit um, dass die Mutter fehlt. Aron lebt in einer Traumwelt, Cal durchschaut das Lügengebäude," so Mehmert. "Die Väter verkörpern Verantwortungsgefühl, Cathy Lust, Sünde und Geldgier. Interessanterweise stößt man bei Google beim Wort Eden als erstes auf ein Hamburger Edelpuff. Der Name findet sich oft in Vergnügungsvierteln. Wir stellen das Wort Eden wie rostige Buchstaben aus besseren Zeiten in die Landschaft, eine Raumbühne mit Manegencharakter. Bei Steinbeck sind Landschaft und Erdboden wichtig, sie werfen metaphysische Fragen auf: Woran glaube ich, wofür stehe ich?", sagt Mehmert.

Peter Wolter und Thorsten Krohn (Foto: DigiPott)

Steinbecks Geschichte beginnt im Jahr 1862 und endet beim ersten Weltkrieg. Solche Zeitumstände erzählen die Balladen der Bananafishbones wie Moritaten. "In dieser Parabel kann man viele persönliche Themen entdecken. Und Steinbeck arbeitet so mit der Bibel-Geschichte, dass sie auch als nicht religiös zitierte Metapher funktioniert", findet Mehmert. Die Konflikte könnten am Ende die Verbindung von Cal und Arons Verlobter Abra überwinden: Da entsteht vielleicht etwas Neues. Mehmert sieht dies als Botschaft an junge Zuschauer ab 12: "Man muss sich auch seinen dunklen Seiten stellen, um zu überleben. Man hat die Chance, eingefahrene Muster zu durchbrechen, es nicht genauso zu machen wie der Vater."

Schauburg, Donnerstag 11. April 2013, 10.30 Uhr, 14., 15., 16. Mai 2013, 19.30 Uhr, Tel. 233 371 55

 

Veröffentlicht am: 10.04.2013

Über den Autor

Gabriella Lorenz

Gabriella Lorenz ist seit 2010 Mitarbeiterin des Kulturvollzug.

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