Sebastian Kreyer malträtiert Schillers Räuber am Volkstheater

Jahrmarkt der Albernheiten

von Gabriella Lorenz

Karl von Moor (Max Wagner, rechts), Räuberhauptmann zwischen Pathos und Klamauk. Foto: Arno Declair

Der Regisseur hat eindeutig ein Faible für lange Männerunterhosen. Schon in seiner letzten Volkstheater-Inszenierung „Gespenster“ tobte sich der Protagonist in solchen aus. Nun hat Sebastian Kreyer im Volkstheater „Die Räuber“ bis auf Hemd und Hose ausgezogen, dafür schillert die einzige Frau bei jedem Auftritt glamourös in neuen Kostümen. Kreyer hat Schillers  Jugenddrama auf fünf Personen reduziert. Zunächst überzeugt die straffe Fassung, einige blöde Gags verzeiht man. Aber die meist albernen Regie-Einfälle nehmen überhand, im zweiten Teil ist die Luft raus und die Spannung weg. Da hat auch die Dramaturgie kapituliert. Alle Figuren werden pflichtgemäß lieblos exekutiert - das Stück muss ja zu Ende gehen. Anbiedernd ans Jugend-Publikum mit vielen Popsongs, die aber keine Deutung beflügeln.

Kreyer will das Drama des ungeliebten Kindes inszenieren: Franz Moor, der vom Vater  vernachlässigte zweite Sohn (Oliver Möller) sucht Zuwendung und Macht. Er spinnt eine Intrige gegen den vergötterten Erstgeborenen. Karl führt als Bummelstudent ein Lotterleben, mit gefälschten Briefen macht ihn Franz in den Augen des Vaters zum Kriminellen, der verstoßen wird. Jetzt fühlen sich beide Brüder, die anfangs vertraut spielerisch kämpfen, vom Vater verachtet. Karl wird Chef einer Räuberbande. Der Outlaw fühlt sich als Robin Hood, bis ein Kamerad ihm Greueltaten seiner Leute erzählt. Seine verlassene Liebe Amalia, Ziehtochter der Familie Moor und seine Braut, muss sich dann des gierigen Franz erwehren.

Maximilian Moor (Paul Faßnacht) und Amalia (Mara Widmann) mit einem gummimaskierten Hermann. Foto: Arno Declair

Was Amalia in Kreyers Inszenierung sein soll, bleibt unbegreiflich. Mara Widmann erscheint in stets neuen Outfits (Kostüme: Maria Roers): als Show-Diva, Punk-Girl, Business-Frau, Fremdenführerin mit lächerlichem Wikinger-Helm. Die sinnlose Modenschau passt nicht zur treuen Liebe zu Karl. Der Papa trägt Sonnenbrille, langes Haar und abgeschabten Pelzmantel. Paul Fassnacht wird dann einfach per Wand-Klappbett in den Kerker abgeschoben.

Franz liebt Erdnuss-Flips, die er immer bei sich hat und großzügig verstreut. Und sich am Ende mit der Plastiktüte erstickt. Oliver Möller spielt am Anfang sehr überzeugend den Schmerz des verachteten Sohns, rutscht aber dann doch in die Rolle des diabolischen Bösewichts - geht nicht anders bei Schiller.

Sein Bruderherz Karl ist bei Max Wagner weitgehend der schöne blonde Held Karl - edel, pathetisch und gefühlig. Die Räuberbande hat Kreyer reduziert auf einen namenlosen Kameraden, Jakob Geßner muss alle Räubertexte und dazugedichteten Reime abliefern und sich blutig verschmieren.

Kreyers Inszenierung verliert über lauter Gags ihren Faden. Sinnlose Anrufe auf einem Wandtelefon, böhmische Wälder auf einer Drehscheibe mit Kunstrasen und ausgestopften Tieren (ein Riesenpilz erinnert an einen Gartenzwerg), Gummiballon-Pferde, idiotische Perücken-Aufsätze aus Gummi wie Gehirn oder Irokesen-Igel. Dümmliche Text-Einschübe: „Bei diesem Satz hat sich Schiller mächtig ins Zeug gelegt.“ Der Albernheiten ist kein Ende.

Selbst im Tod noch ein Gag: Karl feuert zwei Schüsse ab, Amalia und sein Räuberkamerad fallen um, gleichzeitig auch der Briefvogel vom Himmel. War wohl ein Querschläger - wie diese Inszenierung.

Volkstheater, 24., 25. Januar 2014, 1., 2., 9. Februar, 2. März, 19.30 Uhr, Telefon 523 46 55

Veröffentlicht am: 22.01.2014

Über den Autor

Gabriella Lorenz

Gabriella Lorenz ist seit 2010 Mitarbeiterin des Kulturvollzug.

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