Designer Mirko Borsche im Interview zur Werkschau in der Pinakothek der Moderne: Zurück zur Natur der Idee!

von Barbara Teichelmann

So sehen Designer aus: Mirko Borsche mit zusätzlichem Arm, Foto: Bureau Mirko Borsche

74 Bilder, alle Schwarz-weiß und alle im Format 70 x 100 Zentimeter. Für die Ausstellung "Unplugged. Mirko Borsche. Design Works." übertrug der Münchner Designer Mirko Borsche die visuelle Sprache seiner Original-Arbeiten auf handgemalte Plakate. Abstraktion durch Reduktion: Ob es sich ursprünglich um eine Fotografie oder eine Illustration handelte, kann man nicht mehr erkennen, nur die Idee blieb bestehen.

Editorial Design, Buchgestaltung, Plakate ­– er hat schon so ziemlich alles gemacht und dafür eine Menge Preise bekommen. Seit der Gründung 2007 arbeitete das Bureau Mirko Borsche für namhafte Magazine, Unternehmen und Kulturinstitutionen wie das Zeit-Magazin, Nike, das Thalia Theater in Hamburg oder die Bayerische Staatsoper. Noch bis Mitte März bietet die Neue Sammlung - The International Design Museum in der Pinakothek der Moderne einen Einblick in die Arbeit des Designers. Ein Gespräch.

Wie kommt es, dass ein kleines Münchner Designbüro in der Pinakothek der Moderne ausstellt?

M.B.: Das war Zufall und Glück. Ein Freund, der eine kleine Galerie hat, fragte mich letztes Jahr, ob wir was für ihn machen wollen. Er hatte eine Lücke in seinem Programm und schlug vor Arbeiten aus dem Bureau zu zeigen. Ich war einverstanden, merkte aber bald, dass es sehr schwer ist unsere Projekte auszustellen, weil das Spektrum so groß ist, und man entweder sehr viel Platz, oder sehr viel Geld für passende Präsentationsmöglichkeiten braucht. So entstand die Idee unsere Arbeiten nachzumalen – und zwar alle in dem Format 70 x 100 Zentimeter – dann ist es nämlich egal, ob es sich um ein Magazincover, einen Flyer oder ein Schmuckstück handelt. Frau Rösner, die Chef-Kuratorin der Neuen Sammlung, besuchte die Ausstellung und rief ein paar Tage später an, um zu fragen, ob wir die Bilder bei Ihnen ausstellen wollen.

Titelseite für das Zeitmagazin No.14 (2010), Foto: Bureau Mirko Borsche

Und Sie haben sofort zugesagt?

Ich hab erstmal mit „jein“ geantwortet, weil ich die Bilder auf jeden Fall noch einmal malen wollte. Für die Ausstellung in der Galerie musste es sehr schnell gehen, ein Kollege und ich haben an einem Wochenende alles gemalt. Diesmal wollte ich mir mehr Zeit lassen, die Auswahl der Motive und das gesamte Ausstellungskonzept noch mal überdenken. Aber das war kein Problem.

Wie sind Sie bei der Auswahl der Motive vorgegangen?

Erstmal habe ich alle Projekte der letzten 14 Jahre durchgesehen und die rausgesucht, die meine Arbeit wesentlich verändert haben. Die habe ich ergänzt durch Arbeiten, die mittlerweile einen gewissen Ikonenstatus  haben, weil man sie – zumindest in der Designwelt – kennt.  Und die habe ich durch Arbeiten ergänzt, die gut ins Gesamtbild passen. Über 100 Bilder haben wir gemalt, 74 haben es in die Ausstellung geschafft.

Buchstabe R der Plattenhülle für "Das Ende der Beschwerde" von Peter Licht (2011), Foto: Bureau Mirko Borsche

Sind diese 74 Bilder Kunst?

Nein. Das ist Design. Wir sind Designer und wir machen Design. Aber die Grenzen werden immer fließender. Vor ein paar Jahren wäre es wahrscheinlich gar nicht möglich gewesen, dass ein Designbüro in einem Museum ausstellen darf, und das zu Lebzeiten und mit eigenem Konzept. „Unplugged“ ist ja keine Retrospektive, die die Neue Sammlung über unser Büro macht, wir haben alles selbst entwickelt – von der Idee bis zur Hängung.

Was ist die Idee hinter dem Konzept?

Alles was das Bureau verlässt, hat im kleinsten Fall eine Auflage von 2000 und endet bei einer Million. Wir stellen Massenprodukte her. Es gibt keine Unikate, nichts was für sich alleine steht. Und deshalb haben wir uns überlegt, dass alles was in der Ausstellung zu sehen ist, handgemacht sein soll. Selbst die Erklärungen zu den Bildern sind mit Hand geschrieben – das sind alles Unikate, also genau das Gegenteil zu dem, was wir sonst machen. Auch der Ausstellungskatalog ist handgemacht.

Titel der Monatszeitung "Super Paper" (Februar 2010), Foto: Bureau Mirko Borsche

Die Bilder sind Schwarz-weiß, der Katalog ist bunt – warum?

Unsere Arbeit besteht darin fremde Inhalte so zu verpacken, dass es den Leuten Spaß macht. Für die Ausstellung haben wir eine Form gesucht und für den Katalog haben wir eine andere Form gesucht. Bloß weil die Ausstellung Schwarz-weiß ist, heißt das noch lange nicht, dass der Katalog genauso aussehen muss. Dieses Marketingdenken hat die 80er und 90er stark geprägt – und meiner Meinung nach viel kaputtgemacht. Marketing vereinheitlicht alles, will für alles ein Corporate Design finden, eine Bildsprache verwenden. Die Visitenkarte soll aussehen wie das Magazin und wie das Plakat. Aber das ist kein moderner Gedanke. Klar, man braucht eine Haltung, eine wiedererkennbare Grundidee, aber man braucht keine wiederkehrende Formsprache im Sinne von „bei uns ist alles rot oder linksbündig“.

Sie haben mal gesagt „Design ist dann gut, wenn es funktioniert“ – wie erkennen Sie, wann etwas gut ist?

Die Sachen funktionieren, wenn man nicht lang rumreden muss. Es gibt Entwürfe, die finden wir zwar wahnsinnig schön, müssen sie uns aber auch lange erklären und dann merken wir ziemlich schnell: Das funktioniert nicht. Gutes Design braucht keine Erklärung.

Stolz auf die Ausstellung?

Ja sehr. Das macht uns alle sehr stolz. Wir sind ein kleines Designbüro, das in einem der größten Museen in München ausstellen darf – es gibt nichts Besseres.

 

"Unplugged. Mirko Borsche. Design Works." bis zum 18. März in der Pinakothek der Moderne

Zur Ausstellung erscheint eine Mappe/Katalog mit allen Exponaten und Texten von Christoph Amend und Florian Hufnagl. 74 lose Blätter, handgedruckt auf dem Risographen. Einband handkonfektioniert, Siebdruck. Auflage 100 Exemplare.

Veröffentlicht am: 12.01.2012

Über den Autor

Barbara Teichelmann

Redakteurin

Barbara Teichelmann ist seit 2011 beim Kulturvollzug.

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