Fotos von Asja Schubert in der Orangerie

Wandlungsräume - Vom Werden, Bleiben und Vergehen

von Achim Manthey

Quarter World, 2011 (c) Asja Schubert

In der Ausstellung "Open For The Season" zeigt die Fotografin Asja Schubert Bilder von menschlichen Eingriffen in Landschaft und Natur. Menschen kommen nicht vor. Sieger auch nicht.

Ein rotes Gerippe am Abgrund. Dieses Teil, das an das Fragment einer Korsage aus dem Rokoko erinnert, aber aus Eisenträgern gebildet ist und vor sich hin rostet, steht auf dem Felsvorsprung oberhalb des Eingangs zu einem Fjord in Neufundland. Es könnte sich um ein nautisches Feuerzeichen gehandelt haben, das die Seefahrer vor der Meerenge warnte. Ausrangiert ist es für  die Fotografin Asja Schubert nur eine Quarter World. Auf einem anderen Bild tauchen in einem Waldstück unvermittelt aus zersägten Baumstämmen gebildete Treppenstufen auf, nutzlos, sinnlos, als habe irgendwer keine Lust mehr gehabt, sich der Sache noch weiter anzunehmen. 

Asja Schubert, 1974 in Aachen geboren, schwenkte nach einem Soziologiestudium auf die Fotografie um. Sie war Meisterschülerin und Absolventin der Fotoklasse Dieter Rehm der Akademie der Bildenden Künste in München. Nach der Teilnahme an zahlreichen Gruppenausstellungen, unter anderem in der Pinakothek der Moderne, ist dies ihre erste Einzelausstellung nach dem Diplom. Sie lebt und arbeitet in München.

Paradise 03, 2011 (c) Asja Schubert

Zu sehen sind minimalistische, schnörkellose, auch sentimentale Landschaftsaufnahmen, die nicht ohne Ironie sind. Entstanden sind sie im Rahmen ihrer Abschlussarbeit überwiegend auf Neufundland. Da steht in der Landschaft ein Schild, das auf einen ziemlich einsamen Erholungsort hinweisen will. Ein Teil der Buchstaben ist abhanden gekommen, und doch erschließt sich der Sinn und der Unsinn des Unterfangens, für etwas werben zu wollen, was nicht mehr zu bewerben ist. Sinnentleert präsentiert sich in Backside eine vereinsamt in der Wallachei zurück gebliebene Tafel, die nur noch auf Leere und Vergessenheit hinweisen kann. Sign zeigt ein an einen toten, dünnen Baum genageltes Holzschild ohne Aufschrift. Das Foto ist außen am Ausstellungsgebäude angebracht und korrespondiert mit einer dort an einem Baum angebrachten Holzschild. Eine witzige Präsentationsidee.

Auch die Verschandelungen durch Menschenhand sind zu sehen. Da wächst aus dem Wald nahe der Niagarafälle ein mächtiger Aussichtsturm mit gelbem Außenlift, als wolle er die Natur übertrumpfen. Die Aufnahmen aus der Serie Paradise zeigen die Entstehung von Ansiedlungen in der Steinöde und offenbaren zugleich die fotografische Manipulation von Szenarien. Das ist erkennbar und beabsichtigt. Die Absurdität menschlichen Denkens zeigt sich in Line. Die Geometrie des Gebäudes, dessen Verfall sich bei makelloser Fassade an dem Abblättern der Farbe an Fensterrahmen und Türe offenbart, setzt sich in der auf die Straße gepinselten Markierung fort, die überdies in der Öde albern wirkt. My Home is my Grenzstrich.

Die Bilder stellen gegenüber, was sich die Natur allmählich zurückholt und was der Mensch ihr abringt. Gewinnen kann keiner, denn was die Eine sich erobert, holt sich der Andere zurück. Die ruhigen, auf das Motiv reduzierten Bilder von Asja Schubert zeigen das und machen nachdenklich. Das eine oder andere Motiv hätte man sich in schwarz-weiß gewünscht. Es wäre eindrucksvoller. Die "subtile Farbsprache" der Fotografien, die Dieter Rehm an den Fotoarbeiten der Künstlerin so schätzt, stünde dem monochromen Experiment nicht entgegen.

Bis zum 24. April 2012 täglich von 13 bis 19 Uhr in der Orangerie, Englischer Garten 2 in München, Buslinien 54 und 154, Haltestelle Chinesischer Turm. Freier Eintritt.

Veröffentlicht am: 17.04.2012

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