"Antonius und Cleopatra" in Oberammergau

Mit bairisch gerolltem "R" bis an die Grenzen der Laienkunst

von Gabriella Lorenz

Antonius und Cleopatra (Foto: Arno Declair)

So düster hat man sich den Nil und seine Ufer nie vorgestellt: Vor einer dunklen Pyramide ergießt sich schwarzer Sand über rote Stufen, begrenzt von Palmen. Davor sprudelt bei sexuellem Bedarf ein Springbrunnen, in dem das Liebespaar Antonius und Cleopatra sein Lust-Mütchen kühlt. Ganz schön gewagt, was Bühnenbildner Stefan Hageneier und Regisseur Christian Stückl da auf die Breitwandbühne des Oberammergauer Passionstheater wuchten.

Mit der Shakespeare-Tragödie "Antonius und Cleopatra" wollen Stückl und seine Kompagnons der vor zwei Jahren gegründeten Passionstheater GmbH jetzt endlich weg von der religiösen Besetzung der Bühne. Mit Opern- und Operetten-Gastspielen und dem "Brandner Kaspar" des Volkstheaters funktioniert das auch schon ganz gut. Aber Oberammergaus Markenzeichen ist ja, dass hier in den Eigenproduktionen Laien aus dem Ort spielen. Und da zeigen sich doch die Grenzen der Darstellungskunst deutlich auf.

"Antonius und Cleopatra" ist eine tragisch endende Love-Story zwischen der ägyptischen Königin und dem römischen Feldherrn, der vor lauter Liebe seine politischen Pflichten vergisst. In einem Wasserfest auf dem Brunnen zeigen der jungenhaft emotionale Antonius von Andreas Richter (einer der beiden Passions-Jesusse 2010) und die eher spröde Cleopatra (Barbara Dobner war damals Maria Magdalena) ausgelassen ihre Verliebtheit. Danach kugeln sie so wild auf den Stufen herum, dass diese rot werden müssten. Wenn sie's nicht schon wären.

Hageneier hat rechts und links der ägyptischen Schwarzmitte die ganze Halbrund-Bühne für die Römer-Auftritte in Siena-Rot gehalten - desgleichen die Kostüme der römischen Soldaten, die für Antonius' Gegenspieler Octavian kämpfen.

Die Truppen stehen langweilig herum (Foto: Arno Declair)

Den spielt Frederik Mayet (auch er war 2010 Jesus) als emotionskontrollierten Machtmenschen. Der weiß, wie man Konkurrenten ausschaltet.

Neben Antonius, den Octavian wegen dessen ägyptischen Lasterlebens denunzieren kann, ist das der ältliche Lepidus: Christian Bierling tänzelt herrlich betrunken zwischen den Chorsängerinnen hindurch. Für deren dämliche Hollywood-Blondperücken muss man den Regisseur leider abstrafen. Aber man muss ihn loben dafür, wie er eine Seeschlacht mit Schiffsmodellen und Pyrotechnik inszeniert, ohne dass sich die Gegner berühren: Das ist toll. Markus Zwink hat dazu eine mitreißende, orientalisch geprägte Musik geschrieben, die manchmal auch fast filmmäßig die Szenen unterlegt. An seinem Chor und Orchester gibt's nichts zu tadeln.

An der Aufführung schon: Wenn der hohe Bibel-Ton fehlt, hört man schnell die Sprach-Defizite der Laien-Darsteller. Stückls Massen-Choreografie der 200 Mitspieler ist vor allem in den überlangen zwei Stunden vor der Pause sehr statisch - die Soldaten stehen halt langweilig herum. Erst im zweiten Teil kommt etwas Dynamik rein, da wird das Rumstehen auch mal zum Tableau vivant einer Schlacht.

"Antonius und Cleopatra" ist ein selten gespieltes Stück - und mit dem bairisch gerollten "R" der Darsteller gewinnt diese Aufführung noch an Seltenheitswert.

Passionstheater Oberammergau bis 11. August 2012 freitags und samstags, 20 Uhr (Shuttlebus hin und zurück 16.30 Uhr, 18 Euro), Karten Tel. 089/5481 181 81 oder 08822/945 88 88 und www.passionstheater.de

Veröffentlicht am: 21.07.2012

Über den Autor

Gabriella Lorenz

Gabriella Lorenz ist seit 2010 Mitarbeiterin des Kulturvollzug.

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