Artlabor untersucht Integration und Fremdenfeindlichkeit

Wo will ich sein? Wo darf ich bleiben? Und bleibe ich ich?

von Achim Manthey

"AufenthG" (c) Wendy Bell

In der Gruppenausstellung "Ausländer bevorzugt" stellen sieben in München lebende Künstler ihre Positionen zu Einwanderung, Integration und Fremdenfeindlichkeit vor.

Die Bilder sind noch frisch von den hungerstreikenden Asylbewerbern auf dem Münchner Rindermarkt. Man kann von der Aktion, deren rechtliche Bewertung wohl eindeutig ist, halten was man mag. Aber sie hat eine Problematik in den Fokus gerückt, die seit langer Zeit schwelt und lange nicht gelöst ist. Das nimmt die kleine Ausstellung im Gärtnerplatzviertel auf.

Drei flache hölzerne Obststiegen, befüllt mit Lebensmitteln: Ein wenig frisches Obst und Gemüse, Dosentomaten und andere Konserven, tiefgefrorene Hühnerschenkel, Reis, Hirse, Wasser und Säfte. Darauf liegen Formulare in gelb und grün mit unterschiedlichen Rubriken, auf denen die "Noncitizens", wie sich die Asylbewerber selbst bezeichnen, ihren Bedarf für die nächsten drei oder vier Tage ankreuzen und bestellen können. Essenspakete statt Bargeld. Drei solcher Auswahlen, die durchaus auch Rückschlüsse auf Herkunftsland oder Kulturkreis zulassen, hat Barbara Hartmann Betroffenen abgekauft und präsentiert sie plakativ, drastisch und verstörend.

Statt Bargeld gibt's Essenspakete auf Bestellung. Foto: Artlabor Produzentengalerie

Sieben Künstlerinnen und Künstler bespielen die von Wendy Bell kuratierte Schau. Sie alle leben in München, stammen aus Mexiko, Italien, den USA und aus Deutschland. Ob sie auch "aus München" kommen bleibt offen. Zu sehen sind ganz unterschiedliche Ansätze: Fröhlich, aufgeschlossen und gespannt auf Neues kommt die aus bunt bemalten gestapelten Koffern bestehende Installation "Open secrets" von Guillermo Aguilar-Huerta daher, spielerisch die Arbeit "Bring Farbe in deine Stadt" von Christa Geiger. Grau gestrichene, etwa 50 Zentimeter hohe, quadratische Holzstehlen sind auf drei Seiten mit Figuren in farbenfrohen Kostümen bemalt; eine Seite dieser kleinen Säulen jedoch zeigt eine in dunkelgrauer Farbe gehaltene Silhouette. Durch Drehen der Holzstücke kann der Besucher der Ausstellung ein buntes Straßenbild herstellen oder aber die völlige Anonymität einer grauen Masse herbeiführen.

Bei Florian Froese-Peeck lassen sich Nationalitäten tauschen - auf eigene Gefahr. Tauscht man beispielsweise einen syrischen Pass, könnte die Ausweisung aus dem Fuss folgen. Wendy Bell beeindruckt mit ihrer Arbeit "AufenthG": Ein kleines Buch, in dem der Text des deutschen Aufenthaltsgesetzes auf Ausschnitte von Landkarten aufgedruckt ist. In der Stiftesammlung "Flesh tone" fehlen dunkle Farben. Und Barbara Hartmann stellt sich mit ihrer dreiteiligen Mixed Media Installation "Saupreiss" selbst auf den Integrationsprüfstand. Hat sie sich das bayerische Idiom hinreichend angeeignet, um als integriert zu gelten? Das Publikum darf abstimmen.

Auf engem Raum bietet die Ausstellung originell und fantasievoll einen Kessel Buntes zu einem ernsten Thema. Das lohnt einen Besuch.

Bis zum 27. Juli 2013 in der Artlabor Produzentengalerie, Buttermelcherstraße 5 (Eingang Klenzestraße) in München, Di, Do, Fr 13-19 Uhr, Sa 11-16 Uhr, Eintritt frei.

 

 

 

Veröffentlicht am: 23.07.2013

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