Stefan Maria Marb zum Tod der Butoh-Legende Ko Murobushi

"Dance is my resistance"

von kulturvollzug

Ko Murobushi. Foto + Copyright: Miro Ito

Große Trauer in der Butoh- und Tanzwelt über den überraschenden Tod des Tänzers Ko Murobushi, der in Mexiko auf dem Weg nach München an den Folgen einer Herzattacke im Alter von 68 Jahren verstarb.

Er wird als der legitime Erbe des legendären Butohbegründers Tatsumi Hijikata angesehen, mit dem er jahrelang studierte. Zusammen mit Ushio Amagatsu, dem charismatischen Choreographen von SANKAJ JUKU und Akaji Maro gründete er danach die japanische Butohtruppe DAIRAKUDAKAN. Dazwischen begab er sich als asketischer Bergmönch, als „Yamabushi“, in die Einsamkeit.

1972 gründete er zusammen mit Carlotta Ikeda, die letztes Jahr verstarb, die Frauengruppe ARIADONE und 1976 die Männergruppe SEBI, mit denen er das erste Mal Butoh nach Paris und Europa brachte und in Folge das allgemeine Augenmerk auf diese neue Tanzform richtete.

„Le Dernier Eden-Porte De L'Au-De La“ wurde aufgeführt in Paris 1978, gefolgt von einer großen Tournee durch ganz Europa mit ARIADONE 1981/82. Von 1985 an kreierte er mit seiner Partnerin Urara Kusanagi Duette und tourte damit durch Europa und Südamerika. Gleichzeitig begann er Butoh für verschiedene Einflüsse zu öffnen, während er andererseits seine Arbeiten tiefer in die japanischen Wurzeln verankerte.

Mit seinen Solos „Edge 01", „Edge 02" und dem Gruppenstück „Edge 03", wurde er zu mehreren internationalen Tanzfestivals, wie ImPulsTanz Festival, Montpellier Dance Festival und dem London Butoh Network Festival eingeladen. Ko Murobushi erhielt mit seinen Choreographien zahllose Preise und internationale Residenzen, beispielsweise in Mexiko, Indien oder New York. Außerdem engagierte er sich mit großem Erfolg als Workshopleiter beim ImPulsTanz Festival in Wien und bei CNDC in Angers. In seinen Workshops wurden viele Tänzer, unter anderen auch der Autor, inspiriert ihren eigenen Weg im Tanz zu beschreiten.

Seine Choreographien und seine Soloarbeiten zeigten ihn als einen der wichtigsten Vertreter des Butoh, wobei er sich unermüdlich bemühte seine tänzerischen Möglichkeiten zu erweitern. Darüber hinaus kooperierte er mehrmals mit anderen Künstlern. Sein Solo „Quicksilver“ im Jahre 2005, welches auch in München gastierte, und sein letztes Duett „Le Centaure et l'animal” mit Bartabas im Jahre 2010, in welchem er mit vier Pferden tanzte, führte ihn auf Welttournee und läutete für das Publikum eine neue Ära ein. 2013 kreierte er in Wien sein Werk „Ritournelle“, in welchem Murobushi Kindheitserlebnisse des eigenen und fremden Sterbens thematisierte. Zuletzt - Ironie oder Prophezeiung - entwickelte er die Soloperformance „Enthusiastic Dance on the Grave“.

Der Autor, der seit 1988 mit Ko Murobushi in fortwährenden künstlerischen Kontakt stand, verbeugt sich in tiefem Respekt und Dankbarkeit vor diesem Ausnahmekünstler.

Stefan Maria Marb

Stefan Maria Marb lebt und arbeitet als Choreograf, Tänzer und Psychologe in München. Er tanzte in mehreren nationalen und internationalen Kompagnien, wie in der Ko Murobushi Dance Company Tokio, bei Man Act London oder im Opernballett der Bayerischen Staatsoper München. Seit über 25 Jahren ist er als Choreograf national und international tätig. Zuletzt tanzte er in der Münchner Glyptothek White Ulysses.

Veröffentlicht am: 25.06.2015

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