"Der fliegende Holländer" bei den Bayreuther Festspielen

Ordentlich gesungen auf dem Oberdeck

von Christa Sigg

Benjamin Bruns (Steuermann), Peter Rose (Daland). Foto: Enrico Nawrath / Rechte: Bayreuther Festspiele

Holländers Geldköfferchen rollt immer noch wie geschmiert. Und vielleicht sollte Ventilatoren-Hersteller Daland am Ende besser auf die Produktion von Reisegepäck umstellen, anstatt das eben erst in den Freitod gegangene Liebespaar als Nippesfiguren zu vertreiben. Der alberne Gag zieht einfach nicht und ist nur der i-Tupfen auf einer flapsig-sterilen Inszenierung des "Fliegenden Holländers" in Bayreuth.

Dessen ungeachtet kommt Jan Philipp Glogers Regie-Tat aus dem Jahr 2012 gut an. Zwischen den Datenströmen einer kühlen Businesswelt und den Pappschachteln im Miefquirl-Imperium muss man sich nicht aufregen – und kann sich auf die Musik konzentrieren. In Bayreuth ist das keine Selbstverständlichkeit. Da hat sich das Personal in Frank Castorfs „Ring“-Produktion um einiges mehr zu quälen. Zumal Marek Janowski im Graben anständig auf die Tube drückt.

Kollege Axel Kober mag’s eine Spur gemütlicher. Der „Holländer“, den Christian Thielemann im Premierenjahr als Thriller angelegt hatte, ist schon bei Kobers Übernahme im letzten Sommer einem soliden Regionalkrimi gewichen. Der flimmert bei der schwerhörigen Nachbarin immer noch etwas laut über die Mattscheibe, dafür weiß man, wann die bösen Buben ums Eck biegen. Hier ist das die Holländer-Mannschaft, die sich mit den Norwegern ein imposantes Duell liefert. Chorleiter Eberhard Friedrich hat seine Truppe so gestählt, dass ihnen ein paar Wackler von unten nicht allzu viel anhaben können.

Und auf dem Oberdeck? Wird ordentlich gesungen. Steuermann Benjamin Bruns ruft stimm-schlagkräftig nach mehr, seine völlig überdrehte Geschäftstüchtigkeit bewegt sich allerdings an der Grenze zum Erträglichen. Selbst Daland vermag seinen Angestellten kaum zu bremsen. Peter Rose ist in der Rolle des raffgierigen Kaufmanns ein feiner Komödiant, der im Kammerspiel noch besser aufgehoben wäre. Dagegen meint der neue Erik von Andreas Schager, für den Siegfried vorsingen zu müssen. Das lässt seine Cavatine von den ersten Takten an zur Tour de Force werden.

Ricarda Merbeth (Senta), Damen des Festspielchors. Foto: Enrico Nawrath / Rechte: Bayreuther Festspiele

Dass sich Senta für den düsteren Widersacher entscheidet, kann man ihr danach erst recht nicht verübeln. Auch wenn Thomas J. Mayer als Holländer die dunkle dämonische Kraft abgeht (und er vermutlich nicht wirklich genesen ist). Doch die verlässliche Ricarda Merbeth hat als Senta bekanntlich ihren eigenen Kopf. Und eine Mission. Das muss auch die für Christa Mayer eingesprungene Nadine Weissmann als Mary hinnehmen. Der Wechsel von der nuttigen Erda zur pflichtbewusst biederen Mary ist übrigens ein Vergnügen für sich. Aber Rolle ist Rolle, das macht die Profisängerin aus.

Veröffentlicht am: 25.08.2016

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