Straßenräuber, Frackträger, Wandbekanntschaften - ein witziges Büchlein über Street-Art
Roy Hessing und Jörg Ankermüller haben in der Glockenbachwerkstatt ihr Buch "Munich Street Art - Eine Straßen-Safari" vorgestellt.
Wir kennen das doch alle: Was nicht erlaubt ist, macht den meisten Spaß. Und das, was hier gezeigt wird, ist verboten, ist Sachbeschädigung, Vandalismus, ist strafbar. Und vor allem ist es, wie der Fotograf Roy Hessing meint, "verboten gut". Street Art als "eine Kommunikationsform, die auf kein bestimmtes Medium beschränkt ist" und dort stattfindet, wo "im öffentlichen Raum etwas gesagt werden muss".
Die Idee kam Roy Hessing und Jörg Ankermüller, als sie in einem Café in der Baaderstraße saßen und ihnen die auf eine Wand gesprayte Karikatur eines zähnefletschenden, eine Mass hochhaltenden Bayern buchstäblich entgegenbrüllte: eine Dokumentation über Wandbilder im öffentlichen Raum, Werke von anonymen Sprayern, die sich vielleicht überall und an den unterschiedlichsten Orten würden finden lassen.
Zwei Jahre lang war Hessing meist mit dem Rad in der Stadt unterwegs, um diese an Häuserwänden, Mauern und Brückenpfeilern aufgebrachten Kunstwerke aufzuspüren und festzuhalten. Etwa 300 Fotos sind dabei entstanden, 70 davon zeigt nun das Buch. Die Bilder werden unaufdringlich begleitet von den Texten Jörg Ankermüllers und den von Tobias Bitterer und Ferdinand Haschner gestalteten fragmentarischen Stadtplänen, die es zumindest ermöglichen, die Fundorte der abgebildeten Werke aufzuspüren. Ob diese selbst noch zu sehen sind, ist ungewiß, denn diese Kunst bleibt oftmals flüchtig, ist bereits am nächsten oder übernächsten Tag verschwunden. Dem Buch kommt also auch eine dokumentarische Funktion zu. Da sieht man große und kleine Fische an der Isar, die beim nächsten Anstieg des Pegelstandes unwiederbringlich verloren sind, Löwen am Müllerschen Volksbad oder wildpinkelnde Lausbuben an der Maximilansbrücke. Die Künstler bleiben anonym, zuweilen könnte der Kenner die Werke zuordnen.
Es ist ein sehr witziges, mit Augenzwinkern und Ernst entwickeltes Bilderbuch, in dem die Fotos zuweilen stärker überzeugen als die Texte. Das hat mit der Macht der Bilder zu tun. Der Betrachter stellt mit Verblüffung fest, dass auch in München das zarte Pflänzchen einer Street-Art-Szene entstanden ist, seinen Raum hat und behalten sollte, schon weil die Bilder den Blick des Betrachters für sein Lebensumfeld schärfen. Das Buch will nicht dem infantilen Beschmieren von Häuserwänden das Wort reden, sondern aufzeigen, dass es eine erhaltenswerte Kunstform gibt, die düstere Stadtviertel belebt, aufheitert, die ein Lächeln in die Gesichter der Menschen zaubern kann. Die zuweilen auch so diskret und charmant ist, dass sie geduldet und erhalten werden sollte.
München ist auch so.
Wer noch ein Last-minute-Geschenk sucht: Das ist es.
Roy Hessing/Jörg Ankermüller, Munich Street Art-Eine Straßen-Safari, zirka 70 Seiten, dazu fünf Postkarten, 12 Euro. Eine Liste mit Buchhandlungen und Museumsshops, in denen das Buch erhältlich ist, findet sich auf www.munich-street-art.de.