Mark Leckey und David Adjaye - zwei neue Ausstellungen im Haus der Kunst

Kybernetische Heiligtümer und Urbanismus

von Roberta De Righi

Mark Leckey, "GreenScreenRefrigeratorAction" von 2010. Foto: Mark Blower (Courtesy of the artist and Gavin Brown´s enterprise, New York)

„Als ob“, eine Werkschau des Turner-Preisträgers Mark Leckey und die Präsentation „Form, Gewicht, Material“ des Architekten David Adjaye sind die neuen Ausstellungen im Haus der Kunst. Leckey arbeitet sich bis heute an der Jugendkultur ab, Adjaye hat ein Gespür für die mal bewusst schlichte, mal spektakuläre Form, für fein austarierte Massen und Volumina und eine betörende Materialität.

Diese Performance besticht durch gutes Timing: Während der britische Künstler Mark Leckey im Haus der Kunst in starkem Liverpool-Dialekt und mit Spaß an grotesker Komik davon spricht, dass die Welt ja geradezu „verschmutzt mit Lärm“ sei, ertönt aus einem der fünf Boxentürme, die hier wie HiFi-Hinkelsteine herumstehen, ein tiefes Gurgeln und Dröhnen. Leckey, der Turner-Preisträger von 2008, reagiert auf die Zumutungen unserer Zivilisation fröhlich damit, den Verstärker bei jeder Gelegenheit bis zum Anschlag zu drehen – mehr Sound, mehr Lichteffekte, noch mehr Bilder.

Seine „Sound Systems“ beziehen sich auf Musik-LKWs, die mit gigantischen Boxen ganze Straßenzüge in Rave-Trance versetzen. Und die Allgegenwart von Marken und ihren Kommerz-Botschaften führt Leckey ironisch fort: Konsum als Konsens. „Fiorucci Made Me Hardcore“ hieß ein Video von 1999, das ihm den Durchbruch brachte: Die Filmsequenzen, allesamt vorgefundenes Material, das er sich schicken ließ und kompilierte, zeigen junge Leute, uniformiert in den Klamotten der 80er, die in bizarren Posen tanzen – eine quasi rituelle Ersatzhandlung, der die Jeans als Fetisch diente.

Mark Leckey, geboren 1964, arbeitet sich bis heute an einer Jugendkultur ab, der Inhalte fehlen. Die Aushöhlung des britischen Sozial- und Kulturstaats in der Thatcher-Ära, die viele Künstler auch seiner Generation mobilisierte, werden bei ihm allerdings nicht sichtbar. Er selbst soll als Heranwachsender Markenklamotten-Junkie gewesen sein. Jetzt trägt er fleddrige Strickjacke zu unförmiger Wollhose und sieht aus wie ein zum sympathischen Waldschrat mutierter Ex-Dandy. Tatsächlich sind die ausgestellten Werke, von der riesigen Ballon-Katze bis zum intelligenten Kühlschrank, dem die Künstler-Stimme aus dem Off ein erwachendes Bewusstsein gibt, etwas weniger amüsant, wenn man sie ohne die humoristischen Kommentare ihres Schöpfers betrachtet. Leckeys zentrale Aussage bleibt aber durchaus glaubwürdig: „Ich will ein Cyborg sein.“

David Adjaye und das Gespür für Auftraggeber

"Smithsonian National Museum of African American History and Cuture Plaza, opens to the public in 2015", Freelon Adjaye Bond & Smith Group. Foto: Adjaye Associates

Seine Basis hat David Adjaye in London, doch der 1966 als Sohn ghanaischer Diplomaten geborene Architekt realisierte bereits mehr als 50 Großprojekte rund um den Globus und unterhält Dépendancen zwischen Accra und New York. Adjaye ist ein Tausendsassa, ein Gestalter für alle Formate: Er entwirft extravagante Möbelstücke ebenso wie ausgeklügelte Masterpläne, baut Privathäuser, Museen sowie andere Kulturbauten und betreibt Urbanismus-Forschung.

Da ist sein frühes „Elektra House“, das durch den ebenso smarten wie effektbewussten Umgang mit den Gegebenheiten des Grundstücks besticht. Da sind „Idea Stores“, die mit Offenheit und Flexibilität auf die Bedürfnisse der Nutzer eingehen. Aber man stößt auch auf die „Moscow School of Management“, deren ausgreifend monumentale Geste Adjayes Sinn für die unterschiedlichsten Vorstellungen seiner Auftraggeber offenbart. Ob noble Zurückhaltung, einladende Geste oder schiere Power-Präsentation – Adjaye kann und macht fast alles.

Und er hat ein Gespür für die mal bewusst schlichte, mal spektakuläre Form, für fein austarierte Massen und Volumina und eine betörende Materialität. Ein absolutes Opus Magnum dürfte Adjayes National Museum of African American History and Culture in Washington sein, das 2016 vollendet werden soll. Die äußere Form ist durch drei Stufen gegliedert, die den Bau wie eine Krone und zugleich wie einen Zikkurat-Himmelturm wirken lassen. Die vorgehängte Fassade aus einem filigranen bronzefarbenen Gitter verstärkt diesen Eindruck. Die Stufenstruktur ist zudem von afrikanischer Holzschnitzkunst inspiriert: Aus dem Museum Fünf Kontinente stammen zwei Karyatiden, die einst in Nigeria eine Veranda trugen, und die Adjaye als Referenzobjekte anführt. Nach der Eröffnung sollen sie für fünf Jahre in Washington zu sehen sein.

Haus der Kunst, beide Ausstellungen laufen bis 31. Mai 2015, Mo - So 10 bis 20, Do bis 22 Uhr.

Veröffentlicht am: 10.02.2015

Über den Autor

Roberta De Righi

Roberta De Righi ist seit 2010 Mitarbeiterin des Kulturvollzug.

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