Die Sammlungen der Pinakothek der Moderne gratulieren "PIN." zum 50. Jubiläum
"A Perfect Match" - ein perfektes Abhängigkeitsverhältnis
Sigmar Polke, Experentia / Solertia 1986, The Estate of Sigmar Polke, Cologne / VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Francis Bacons expressiv-deformiertes „Kreuzigungs“-Triptychon war 1965 starker Tobak im konservativen München, die Gegenwartskunst hatte noch keinen festen Platz in der hiesigen Museen-Landschaft. Weil die Ankaufsmittel so gering waren wie heute, suchte der damalige Direktor der Staatsgemäldesammlungen kunstaffine Unterstützer in der High Society. Er fand den Textilfabrikanten Walter Bareiss und Herzog Franz von Bayern sowie unter anderem den Bankier Alfred Winterstein und den Sammler Siegfried Wichmann. 1967 wurde der Galerie-Verein offiziell gegründet. Damals logierte die „Staatsgalerie moderner Kunst“ noch im Haus der Kunst; zur Eröffnung der Pinakothek der Moderne 2002 nannte sich der Verein in "PIN." um. Unter dem Titel „A Perfect Match“ zeigt die Pinakothek der Moderne nun eine große Auswahl von Exponaten, die seither von PIN. angekauft wurden – insgesamt über tausend.
Die Auswahl der „museumswürdigen“ Kunstwerke gehe, wie Kurator Bernhart Schwenk betont, stets auf die vier Kuratoren der Pinakothek zurück. Bei PIN. gebe es zwar mitunter heftige Diskussionen – etwa beim Ankauf von Thomas Hirschhorns „Doppelgarage“, 2004, aber es komme im Grunde nicht vor, dass eine Empfehlung abgelehnt würde.
Fülle und Vielfalt der Exponate, die auf diesem Weg in die Sammlungen fanden, sind jedenfalls bemerkenswert. Auch Beuys‘ monumentales „Ende des 20. Jahrhunderts“, noch im Entstehungsjahr 1983 durch den Freundeskreis angekauft, ist in der aktuellen Präsentation wieder zu sehen.
Eingefügt in die Räume der Klassischen Moderne sind frühe Erwerbungen wie Georges Braques „Frau mit Mandoline“ oder Paul Klees „Das Licht und Etliches“ zu sehen. Dass es sich um PIN.-Bestand handelt, erkennt man lediglich an den Bildlegenden mit roter Schrift. Zuletzt wurde hier Heinrich Maria Davringhausens „Weiblicher Akt in Architekturen“ 2014 angekauft.
Einige Säle wurden auch neu gehängt, da treffen etwa Arnulf Rainers schwarze Kreuze auf Gerhard Richters „Sargträger“. Und schwermütige Schwarzweiß-Fotografien von Anselm Kiefer verstärken die beklemmende Wirkung von Tadeusz Kantors Figurengruppe „Die tote Klasse“.
Der Mittelkorridor, östlich der Rotunde, ist der Malerei gewidmet, hier hängt ein abstraktes kleines Gemälde von Tomma Abts neben figurativen Großformaten von Neo Rauch („Kalimuna“) und Peter Doig („Metropolitain“). Bei letzteren beiden wurde der Ankauf ermöglicht durch die Erlöse bei der jährlichen PIN.-Auktion. Günther Förgs „Capri-Zyklus“ von 1989 war die erste Foto-Erwerbung, Gary Hills „Remarks on Colour“ von 1994 das erste Video. Gerade Medienkunst wurde durch PIN. unterstützt, ein Umstand, dem das Haus auch Kutlug Atamans sensibel-packende 4-Kanal-Videoinstallation „The 4Seasons of Veronica Read“ verdankt, David Claerbouts subtil bewegtes Bild „Kindergarten Antonio Sant’Elia“ und Thomas Steffls Achterbahnfahrt in der Hutkrempe „Modell Homburg“. Vom großartigen Tony Oursler kaufte PIN. 1998 dankenswerterweise eine von dessen typischen Kopf-Projektionen („Bottom“) an – es ist nun erstmals ausgestellt.
Auftakt oder Ende? Ganz in der Ecke, oberhalb der breiten Treppe, steht unauffällig die mit Unrat gefüllte „Donation Box“ von Elmgreen & Dragset. Hier wird das real existierende Abhängigkeitsverhältnis von Mäzen und Museum ironisch gebrochen.
Bis Frühjahr 2016 in der Pinakothek der Moderne, Di – So 10 bis 18, Do bis 20 Uhr, Katalog 29,80 Euro.