Laure Prouvosts Installation im Haus der Kunst
Traum von einer angenehmeren Welt
Laure Prouvost. We would be floating away from the dirty past. Installationsansicht. Foto: Wilfried Petzi
Man könnte das Haus der Kunst als durch und durch maskuline Architektur bezeichnen: Ein geradezu aggressiv rechtwinkliges Monument des totalen Größenwahns. Aber dann hätte man sofort ein paar Männerrechtler am Hals. Laure Prouvost (geboren 1978) verpackt diese Deutung lieber charmant in ihren Vorschlag, wie man das Haus einladender gestalten könnte: „More boobs“.
Als Frau (und Französin) darf man das, und man kann Brüste ja so oder so interpretieren: Das erhöht die Quoten-Weiblichkeit UND den Sex-Appeal, dann ist für alle etwas dabei. Prouvost schuf nach Haegue Yang, Manfred Pernice und Anri Sala im Auftrag der „Freunde Haus der Kunst“ die neue Raum-Installation für die Mittelhalle. Und die in London lebende Videokünstlerin und Turner-Preisträgerin 2013 bringt mit ihrer Arbeit unter dem Titel „We would be floating away from the dirty past“ auch wirklich ein bisschen mehr Busen ins Haus der Kunst. Aber der ist eher emanzipiert als pornografisch aufgeladen.
Prouvost könnte fast Pipilotti Rists Tochter sein. Ihre Auftragsarbeit ist ebenso effektvoll subversiv: Gegen die schweren Platten des roten Marmorbodens der Halle drückt von unten scheinbar eine unfassbare Kraft, sie sind aufgeworfen zu einer starken Wölbung. Bei näherem Hinsehen merkt man, dass es sich um einen Teppich handelt, der die Bodenstruktur kopiert. Geht man um die Wölbung herum, öffnet sich hinter einer hell flackernden Leinwand eine dunkle Höhle.
Wer sie betritt, taucht ein in eine Film-Projektion, die sinnliche Üppigkeit in Szene setzt und in völligen Gegensatz zur Härte der neoklassizistischen Ästhetik steht: Während die Stimme der Künstlerin dem Publikum suggestive Wohlfühl-Prosa in die Ohren haucht, sieht man besagte Brüste, aus denen eine Muttermilch-Fontäne spritzt – und andere Wunder der Schöpfung: Schmetterlinge und Orchideen, Palmen, Meer und Sonnenuntergang energetische Zumba-Tänzer, aber auch die Eisbach-Welle und einen Schattenboxer im Englischen Garten.
Prouvost will das, was unter dem Teppich liegt, aus dem Staub an die Oberfläche holen. Dabei interessiert sie sich weniger für die Vergangenheit des Hauses als Manifestation der NS-Ideologie. In den mit Elektro-Beats unterlegten bewegten Bildern traut sie sich einfach, hier von einer angenehmeren Welt zu träumen. So viel Unbeschwertheit im Umgang mit dem ollen Kasten ist zwischendurch mal sehr erholsam.
Haus der Kunst, bis 18. September 2016.