Wasser, Horizonte und ein überflüssiger Alligator
Treffen sich ein Münchner und ein Berliner in der Isarvorstadt... Was dabei herauskommt, zeigt die Galerie Kampl: Fotos von Volker Derlath und Peter Kees.
Arschbombe!Die Hände vor dem Gesicht, zugleich die Nase zugehalten, so rauscht der Junge mit dem Podex voran in den See. Gischt spitzt hoch, als er aufs Wasser trifft. Exakt dieser Moment oder der Augenblick kurz davor fasziniert Volker Derlath. Mit hochgezwirbelten ISO-Zahlen und Verschlusszeiten von 1/1000 Sekunden friert er mit seiner Kamera diese ganz kurze Verletzung der Wasseroberflächenhaut ein. Ein Mädchen beim Kopfsprung in den See scheint in der Luft zu schweben. Zwei Aufnahmen aus der 2009 und 2010 am Ammersee entstandenen Reihe des bekannten Münchner Bildjournalisten und Straßenfotografen, der unter anderem durch seine inzwischen leider eingestellte Fotokolumne "Die andere Seite" in der Süddeutschen Zeitung bekannt ist, zeigt die Ausstellung. Sie passen nicht so ganz zu dem Motto der weiteren Bilder, die von ihm zu sehen sind. Stille Momente am Wasser. Ein Stuhl, ein Tisch auf einem Steg. Ein Ort des Abschieds oder der Ruhe. Eine leuchtend blaue Vertäuung. Was sie hält, ist nicht erkennbar. Boot, Liebe, Leben? Regentropfen lassen den See brodeln. Es sind Bilder voller Wehmut. Farewell, bis zum nächsten Jahr wieder hier, könnten sie sagen. Mittendrin ein Alligator, der aus dem auf dem Wasser liegenden Blätterteppich lugt. Ein - um im Bild zu bleiben - überflüssiger Spaß.
Am Schönsten ist es, wenn es schön ist. Der multimediale Künstler Peter Kees, der in Berlin lebt und arbeitet, ist unterwegs Richtung Paradies. Die großformatigen Bilder zeigen aufsteigende Straßen und Wege, die in den monochrom schwarzen Horizont abfallen auf der Suche nach Freiheit und Identität. Die Fotos erscheinen als Inbegriff des Roadmovies. Eine Reise auf der Suche nach Glück und Freiheit. Ebenso könnte es eine Road to Hell sein, eine Reise ins Schwarze, Ungewisse. Oder führen die Spuren im Schnee, die auf einem Bild zu sehen sind, zurück aus dem Schattenreich ins Jetzt? Die analog entstandenen Aufnahmen, denen erst in der Nachbearbeitung der schwarze Himmel zugefügt wird, stellen Fragen nach dem So-Sein, nach Sehnsüchten, Visionen und Idealen. Die Antworten wird der Betrachter für sich selbst finden.
Es ist eine interessante Ausstellung. Die Bilder sind großzügig gehängt, was es dem Betrachter erleichtert, sich eingehend mit den einzelnen Motiven zu befassen. Dass Schaufensterfronten für eine Galerie schädlich sein können, zeigen die unglücklichen, nicht zu vermeidenden Spiegelungen, die nun, wo die Tage länger werden, das Sehvergnügen beeinträchtigen.
Die Ausstellung ist noch bis zum 14. Mai 2011 in der Galerie Kampl, Buttermelcherstr. 15 in München, Di. bis Sa. von 12 bis 19 Uhr oder nach Vereinbarung zu sehen. Der Eintritt ist frei. Kontakt: 089 / 219 38 200