Aber sie erkennen sich nicht

von Achim Manthey

"Van Eyck meets Japan" - unter diesem Titel zeigt die Micheko Galerie in München erstmals in Deutschland Portraitaufnahmen der japanischen Fotografin Mami Kiyoshi.

Nein, Fotografen gab es noch nicht, als der Kaufmann Giovanni Arnolfini seine Giovanna Cenami heiratete. Also mussten Maler her. Allen voran Jan van Eyck, der wohl bekannteste Vertreter der altniederländischen Malerei. Er schuf 1434 in Brügge das Gemälde Die Arnolfini-Hochzeit, das heute in der National Gallery London zu bewundern ist. Das Bild zeigt Mann und Frau beim ehelichen Schwur und ist angereichert mit zahlreichen Symbolen, die beispielsweise Reichtum, eheliche Treue oder auch den sehenden Christus als Zeuge des Ehegelöbnisses versinnbildlichen.

Mr. and Mrs. Genba, 2004 (Foto und Copyright: Mami Kiyoshi)

Die 36-jährige, in Tokio lebende japanische Fotografin Mami Kiyoshi nennt Jan van Eyck und sein Gemälde eines ihrer großen Vorbilder für ihre Arbeit als Portrait-Fotografin. Die Micheko Galerie zeigt insgesamt 18 Fotografien aus zwei Portrait-Serien der Künstlerin.

In der Reihe Tropical Family hat Kiyoshi über mehrere Jahre hinweg die Mitglieder ihrer Familie portraitiert. Die Familie am Esstisch, Vater, Mutter, Geschwister, allesamt in sehr traditionellen Szenen. Zu sehen sind sechs Portraits, die 2003 entstanden sind.

Umfangreicher und interessanter ist die mit 12 Aufnahmen in der Ausstellung vertretene Serie New Reading Portraits, in der Portraits von Menschen in ihren Lebens- und Arbeitssituationen gezeigt werden, umgeben von Gegenständen, mit denen sie täglich zu zu haben oder die ihre Wünsche, Hoffnungen und Erinnerungen symbolisieren sollen. Da sitzt der Universitätsprofessor Hasegawa inmitten seiner Froschsammlung - ein cooler Typ, der einfach Froschfiguren mag und sammelt. Oder die junge Mutter, umgeben von Bildern aus ihrer Zeit als Kunststudentin. Oder das Ehepaar Genba, halb sitzend halb liegend auf dem Sofa, dahinter die Snowboards ausgestellt, die die Sportlichkeit zeigen sollen, davor Bücher aufgebaut fürs Intellektuelle und Flaschen mit alkoholischen Getränken, weil man gern mal einen hebt. Ganz offen der IT-Berater, Herr Sumioka, der vor seinem Kühlschrank und hinter einer wahren Flaschenbatterie abgebildet wird und der von jeder leergetrunkenen Flasche das Etikett ablöst, um es an seinen Kühlschrank zu kleben. Der Gesichtsrötung nach zu urteilen muss er beim Shooting dem Sake reichlich zugesprochen haben.  Das wahre Leben halt. Schließlich wurden auch Keiko Tanaka und Michele Vitucci, die Galeristen, in einem Portrait verewigt, in ihrer Galerie umgeben von Bildern, Büchern und dem Hund, der in dem Gemälde von Jan van Eyck - dort ein Affenpinscher - die (eheliche) Treue symbolisieren soll.

Micheko, 2010 (Foto und Copyright: Mami Kiyoshi)

Großformatig, knallig bunt - vor allem aber sehr japanisch. So kommen die 18 Fotografien überwiegend daher. Die Portraitierten sind Japaner in ihrem japanischen Umfeld und meist umgeben von typisch japanischen Gegenständen. Augenfällig ist das in der Serie Tropical Family. Aber auch die übrigen Portraits bleiben in der japanischen Tradition. Ein Bezug, eine Parallele gar zur altniederländischen Malerei Jan van Eycks stellt sich auch auf den zweiten Blick kaum her. Allenfalls der Bildaufbau könnte daran erinnern.

Die Fotos zeigen die Menschen erkennbar so, wie sie sich gern sehen wollen. Aber das macht ja nichts.

Nur Jan van Eyck würde sich vergebens suchen. Grüße aus Japan in die altniederländische Vergangenheit.

Die Ausstellung ist noch bis zum 26. Februar in der Micheko Galerie, Theresienstraße 18 in München, Di.-Fr. von 14 - 19 Uhr, Sa. von 11 - 16 Uhr zu sehen. Auf http://www.micheko.com gibt es ein Making-of-Video der eigenen Portrait-Session der Galerie zu sehen.

Veröffentlicht am: 29.01.2011

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