Was tun im Sommerloch? 25 gute Tipps vom Kulturvollzug
[caption id="attachment_569" align="alignright" width="225" caption="Kulturvollzug Bücher für den Sommer"][/caption]Was soll ich den ganzen Sommer über nur alles lesen?
Das ist die eigentlich entscheidende Frage am Anfang der Sommerferien und Urlaubszeit. Damit unsere Leser nicht irgendetwas lesen und damit ihre Zeit vertun, gibt's hier 25 Vorschläge der Kulturvollzug Redakteure.
Florian Haamann
Klaus Harpprecht: Die Gräfin
Rowohlt Taschenbuch
Wunderbares Porträt der größten Journalistin des 20. Jahrhunderts.
„sie hätte mit dem Anflug eines Lächelns protestiert, wäre sie lauthals von einem pathetisch-professoralen Laudator oder einem der öligen politischen Schmeichler als solche gepriesen worden.“ Da ich keins von beidem bin, darf ich sie hoffentlich so nennen.
Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise
Karl Voegls
Es gibt Klassiker, die man immer in seiner Nähe haben sollte, da der Nathan ganz oben auf dieser Liste steht, muss er unbedingt mit in den Urlaub.
David Foster Wallace: Unendlicher Spass
Kiepenheuer & Witsch
Mehr als 1500 Seiten voll Sprachgewalt und Detailverliebtheit. In seiner Dichte eigentlich alleine genug für ein ganzes Jahr, trotzdem einpacken und in Fosters Welt einer wahnhaften Spaßgesellschaft eintauchen.
Kurt Tucholsky: Gruß nach vorn. Herausgegeben von Erich Kästner
Anaconda
Eigentlich würde ich für den Sommer 2010 ja eine Tucholsky-Gesamtausgabe empfehlen, da wir uns aber auf einzelne Bücher beschränken wollen, entscheide ich mich für diese kleine Auswahl. Schöner als mit der Auswahl von Kästners Lieblingstexten kann man Tucho nicht kennenlernen.
Janßen / Kuenheim / Sommer: Die Zeit Geschichte einer Wochenzeitung 1946 bis heute
Siedler
Ich nehme es deswegen in meine Ferien mit, weil es meine aktuelle Lektüre ist. Alle anderen sollten es mitnehmen, weil guter Journalismus im Nachkriegsdeutschland nicht von der Zeit und ihrer Geschichte zu trennen ist. Deswegen ist dieses Buch Pflichtlektüre für alle, denen unsere Medienlandschaft am Herzen liegt.
Achim Manthey
Maruya Saiichi: Die Journalistin
SZ Bibliothek, Reihe Metropolen, Band 9
Lakonische, ironisch distanzierte Schilderung der Recherchen der erfolgreichen Journalistin Yumiko vor dem Hintergrund Tokios. Hoch interessantes Stück japanischer Literatur.
Michael Sailer: Die Verrückten stehen in der Sonne
Lagrev-Verlag
Love and drugs an Rock'n Roll im Schwabinger der 80er. Man mag seine Meile ja auch am Strand dabei haben.
Wilhelm Schlotterer: Macht und Mißbrauch - FJS und seine Nachfolger
Fackelträger Verlag
Eine Abrechnung mit den Machenschaften des FJS und seiner Nachfolger über die bayerische Art. Auch wenn das Gschmäckle der persönlichen Rache bleibt: authentisch, glaubwürdig. Mir san mir und unser Filz.
Heinrich Heine: Buch der Lieder
verschiedene Ausgaben auch als Taschenbuch
"Und als ich euch meine Schmerzen geklagt,/Da habt ihr gegähnt und nichts gesagt;/Doch als ich sie zierlich in Verse gepackt,/Da habt ihr mir große Elogen gemacht." Gibt es mehr.
Sprang/Nöllke: Aus die Maus - Ungewöhnliche Todesanzeigen
kiwi-Verlag
Über die Lyrik in Todesanzeigen. So viel Andacht muss sein.
Michael Grill
Chritian Kracht: Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten
Kiwi
Immer noch die am besten geschriebene Vision einer Zukunftswelt am Abgrund. Ein düsteres, faszinierendes Buch über ein Land, in dem allein das Wort noch unschuldig ist.
Alwin Seifert: Gärtnern, Ackern: ohne Gift
Beck
Der grüne Superklassiker. Wer auch nur einen Vorgarten oder einen Topf auf dem Balkon hat, sollte dieses Buch lesen. Und dann wird man von alleine anfangen, sein Leben zu ändern. Zumindest ein bisschen.
Wilfried Erdmann: Mein Schicksal heißt Kathena. Als Einhandsegler um die Welt
Oetinger Friedrich
Man muss nicht Segeln können, um dieses Buch des ersten deutschen Einhand-Weltumseglers zu lesen. Aber danach will man zum Meer, zum Wind und zum Himmel. Und wer versteht, was Erdmann angetrieben hat, der tut es zumindest in seiner Fantasie.
Wolfgang Pehnt: Deutsche Architektur nach 1900
Deutsche Verlags-Anstalt
Architektur ist geil. Warum das so ist, erläutert einer der besten deutschen Architektur-Experten in diesem sehr dicken, aber auch sehr gut geschriebenen und leicht verständlichen Sachbuch.
Claudia Wessel (Hg.): Wiesn-Liebe"
Gehrke
Eine Empfehlung zum Jahr des großen Oktoberfest-Jubiläums. Aber nur, weil außer meiner eigenen auch noch andere Geschichten über Sex, Siff und Suff auf dem seltsamsten Volksfest der Welt drinstehen.
Matthias Leitner
Cees Nooteboom: Philip und die anderen
Suhrkamp
Nootebooms Debütroman ist ein Buch gewordener Traum. Schmerzlich irreal, zutiefst traurig und nachhaltig bewegend. Ein großes Märchen über eine seelenvolle Liebe. Eine mystische Reise quer durch Europa und tief in das Herz seiner Hauptfigur.
Matthias Horx: Das Buch des Wandels
Deutsche Verlags-Anstalt
Ein Krisenbuch, das den drohenden Kollaps als Chance sieht und aufzeigt, wie schon immer in der Menschheitsgeschichte große Umwälzungsprozesse dem Fortschritt gedient haben. Horx nimmt den Apokalyptikern und Weltuntergangspropheten ein wenig den Wind aus den Segeln. Das macht Hoffnung.
Alessandro Baricco: Oceano Mare
Piper
In einer kleinen Pension am Meer trifft allerhand seltsames Volk aufeinander: ein Maler der jeden Tag das Meer mit Wasser zeichnet, ein kauziger Wissenschaftler der an seiner Enzyklopädie über das Meer arbeitet, eine Frau die von der Liebe genesen will. Eine skurrile, poetische und fesselnde Reise in die meerschäumenden Abgründe des Menschen.
Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene
Deutscher Taschenbuch Verlag
Graf erzählt seine Jugend, seine Flucht weg von der Familie nach München, seine Anfänge als Literat. Vor allem aber erzählt er, niederschmetternd ehrlich gegenüber sich selbst und seiner verblüffenden Naivität, die Geschichte eines Lebens, das den 1.Weltkrieg und die Revolution von 1918, alle Umwälzungen seiner Zeit, selbst zu spüren bekommen hat.
Haruki Murakami: Kafka am Strand
Random House
Kafka Tamura flüchtet. Sein Vater hat ihm einen ödipalen Fluch prophezeit und dem will Kafka entgehen. Deshalb versteckt er sich in einer fremden Stadt, in einer Bibliothek. Zur gleichen Zeit reißt Nakata, ein alter, geistig behinderter Mann, der mit Katzen sprechen kann, zu seiner mysteriösen Bestimmung. Dieses Buch ließt man in einem Rutsch durch und will es gleich wieder von neuem beginnen.
Michael Weiser
Michail Bulgakow: Der Meister und Margarita
Luchterhand
Der Teufel mischt das stalinis-tische Moskau der 30er Jahre auf, mit Lug, Trug und Spekula-tion auf die Schwächen der Zeit-genossen, die noch immer keine neuen sowjetischen Menschen sind. Währenddessen bangt der Meister um seinen großen Roman und seine Liebe und hofft ein trauriger römischer Prokurator, sein Gespräch mit einem Rabbi fortsetzen zu können. Tieftraurig, hochkomisch – ein phantastischer Faustroman aus Russland, der sogar die Stones zu einem Song inspirierte.
Rüdiger Safranski: Goethe und Schiller. Geschichte einer Freundschaft
Hanser
Ein eleganter Essay über Freundschaft an sich und eine Sternstunde der deutschen Geistesgeschichte, detailreich, spannend und erhellend. Da über-winden zwei große Geister ihren Neid und ihre Ängste, erreichen zusammen das Höchste – und stellen uns Heutigen nebenbei noch immer die Frage, ob das Projekt einer ästhetischen Erziehung wirklich obsolet sei.
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts
dtv
Vielleicht liegt’s an gewissen Ähnlichkeiten mit dem Helden und daran, dass ich das Buch zum ersten Mal auf Capri gele-sen habe. Einfach charmant!
Robert Harris: „Imperium“ und „Titan"
Heyne Taschenbuch und Heyne
Cicero? Das ist doch der Typ mit den langweiligen Reden und den Schachtelsätzen? Dass Cicero nicht nur in einer spannenden Zeit lebte, sondern auch sein Leben (und Scheitern) Stoff für große Dramen hergibt, zeigt Robert Harris in den beiden ersten Bänden seiner Cicero-Triologie. Spannende Politthriller, in denen das alte Rom viel Ähnlichkeit mit neuen Demokratien hat.
Martin Suter: Die dunkle Seite des Mondes
Diogenes
Der Schweizer brachte zuletzt den „Koch“ heraus, sein „Lila, lila“ wurde verfilmt. Aber am spannendsten finde ich seine früheren Romane. Zum Beispiel den zweiten: Ein Mann in der Midlife-Crisis lernt ein junges Mädchen kennen, durch sie seltsame Drogen – und dadurch seine wahrlich dunklen Seiten.