Ungeliebt, aber geduldet: Zum zweiten Jahrestag der Michael Jackson-Gedenkstätte auf dem Promenadeplatz in München
Am 25. Juni 2009 wurde Michael Jackson für tot erklärt. Über Nacht errichteten Münchner Fans am Sockel des Denkmals für den Komponisten Orlando di Lasso auf dem Promenadeplatz gegenüber dem Hotel Bayerischer Hof in München eine Gedenkstätte. Gegen alle Widerstände besteht sie bis heute.
Laminierte Poster, herzzerreißende Abschiedsbriefe, vergoldete Engel, täglich frische Blumen. Sehr gepflegt wirkt diese Ansammlung von Devotionalien beim aktuellen Besuch. Klar, der weitaus überwiegende Teil dessen, was da niedergelegt wurde in den vergangenen zwei Jahren, ist bis über die Schmerzgrenze hinaus kitschig. Aber gerade dadurch wird der Ort dem King of Pop, der auf Neverland ein wahres Kitschparadies errichtet hatte und dessen König war, gerecht. Kitsch ist nicht das Gegenteil von Kunst, sondern gut gemeint, um das Wort Gottfried Benns abzuwandeln. Der Promenadeplatz ist in den vergangenen zwei Jahren ein Treffpunkt für Fans aus ganz Europa geworden. Ein Ort grenzübergreifend stillen Gedenkens. Die Pilgerstätte wird ständig gepflegt von Sandra Mazur und ihren Mitstreitern, die sich für deren Erhalt einsetzen. Der Ort war mit Bedacht gewählt worden, denn im Hotel gegenüber hatte Michael Jackson bei seinen Besuchen in München Quartier bezogen und sich sauwohl gefühlt, wie berichtet wird.
Der Stadt und ebenso manchen Mitbürgern war das Treiben am Promenadeplatz von Anfang an ein Dorn im Auge. Zu bunt, zu wild, zu dumm für das Schmuckstück im Herzen der Stadt. Attentate aus der Bevölkerung gab es, indem Taubenfutter über die Denkstätte gestreut wurde, was zu erheblichen und nur mit großem Aufwand zu beseitigenden Verschmutzungen der Andenken führte. Vor einem Jahr wäre es dann auch von offizieller Seite her fast so weit gewesen: Das vor bald 150 Jahren errichtete Denkmal Orlando die Lassos ist sanierungsbedürftig. Es drohte die endgültige Beseitigung aller Erinnerungsstücke, bis die Lokalbaukommission dann doch zu der Einsicht kam, das Denkmal werde schon nicht gleich einstürzen, wenn man nicht sofort mit der Sanierung beginnen würde. Wie wahr. Aufschub seit nunmehr einem Jahr.
Das Ende der Diskussionen ist weiter offen. Die Stadt duldet, äußert sich zur Zukunft aber weiter nicht. Dabei sollte bei aller bisher gezeigten Toleranz ernsthaft über eine dauerhafte Lösung nachgedacht werden, die auch private Geldgeber, die sich finden lassen, einbezieht. Das auf eine Privatinitiative von Bürgern begründete Projekt, auch wenn es anarchisch entstanden sein mag, ist inzwischen etabliert und schmückt die Stadt. Der Ort ist Anziehungspunkt für Einheimische und Gäste geworden. Orlando di Lasso, sein Denkmal wird dadurch nicht beschädigt, im Gegenteil. München könnte sein in aller Welt berühmtes Image als Weltstadt mit Herz beweisen, wenn es diesen einzigartig und weltweit bekannt gewordenen Ort des Gedenkens an einen Superstar, der sich hier immer wohl gefühlt hat, für seine Anhänger und nicht nur für die erhält. Mit dem bisherigen Kleinmut muss bei aller Duldung Schluss sein. München hält das aus.