Dali und mehr - Fotografien von Philippe Halsman

von Achim Manthey

Dali Atomicus, 1948 (Foto: Halsman Estate)

In der kleinen aber feinen Ausstellung "Dali and other Personalities" zeigt die Galerie Stephen Hoffman famose Werke des Fotografen und Dali-Freundes Philippe Halsman.

Alles fliegt. Drei sichtlich missvergnügte Katzen kommen von rechts, steuern direkt hinein in den sich von der anderen Seite her aufbäumenden Wasserschwall, dem ein Stuhl nachfolgt. Und im Hintergrund links fliegt der Meister selbst: Salvador Dali. Die 1948 entstandene Schwarz-weiß-Fotografie mit dem Titel "Dali Atomicus" bezieht sich auf dessen Gemälde "Lada Atomica", dem letzten und bedeutensten Bild einer Reihe von Gemälden, mit denen Dali den ersten Abwurf einer Atombombe auf Hiroshima am 6. August 1945 verarbeitet hatte und das rechts im Hintergrund des Fotos zu sehen ist. Eine Echtzeitaufnahme, denn Motoren für die Kamera, die Reihenaufnahmen gestattet hätte, gab es zu der Zeit noch nicht. An die 30 Versuche fanden statt, bis das Bild im Kasten war, was auch bedeutete, dass die unverzichtbaren Katzen gut 30 Mal wieder einzufangen waren, das Wasser vom Boden gewischt und der ungeduldige Meister, beruhigt und bei Laune gehalten werden musste.

Philipe Halsman hatte ein bewegtes Leben. 1906 in Riga geboren, nach dem Abitur Studium der Elektrotechnik in Dresden und erste Schritte als freier Fotograf für den Ullstein Verlag. Dunkle Schatten fallen auf ihn, als 1928 sein Vater auf einer gemeinsamen Bergtour in Österreich ums Leben kommt. Die Indizien sprechen für einen gewaltsamen Tod, Zeugen gibt es nicht. Halsman wird verhaftet und in einem Prozess, der europaweit Proteste auslöst, in Innsbruck zu zehn Jahren Kerkerhaft verurteilt. Albert Einstein, Thomas Mann, Erich Fromm und Sigmund Freud setzen sich intensiv für seine Begnadigung ein, die erst 1930 erfolgt und mit einer Ausweisung aus Österreich verbunden ist. Er geht nach Paris, eröffnet 1931 am Monparnasse ein Fotostudio, wird durch Portraits und Modefotos schnell bekannt. Nach der Besetzung Frankreichs durch die Deutschen flieht er 1940 mit Hilfe von Albert Einstein in die USA, wo er schon im folgenden Jahr bei der damals für Reportagefotografie führenden Zeitschrift Life angestellt wird, für die er mehr als 100 Titelbilder liefert. 1941 lernt er Salvador Dali kennen. Es entwickelt sich eine Freundschaft und Zusammenarbeit, die bis zu Philippe Halsmans Tod im Juni 1979 anhält. Sein Leben ist Thema des Spielfilms "Jump", der letzten Arbeit von Patrick Swayze; der Titel des Films nimmt das berühmt gewordene, 1959 erschienene und mehrfach ausgezeichnete "Jump Book" auf, für das zahlreiche Prominente Luftsprünge vollzogen.

Dali Rhino, 1956 (Foto: Halsman Estate)

Verrückte Ideen hatten Dali und Halsman, aus denen ebenso verrückte Fotografien entstanden. Die geradezu unerschöpflichen Fantasien des Surrealisten setzt Halsman kongenial in Fotografie um. Aug in Aug mit dem Nashorn in dem 1960 entstandenen Bild "Dali-Rhino". Auf einer Langzeitbelichtung von 1950 bildet Dali mit einer Lichtkugel einen Frauenkörper nach. Die 1951 entstandene Aufnahme "In Voluptate Mors" zeigt einen Schädel, geformt aus Frauenkörpern, das Gebiss aus mit Talkum gefärbten Füssen dargestellt. Die berühmte, dahinfließende Uhr findet sich in dem Dali-Portrait "What makes you tick" von 1953 wieder.

Die in Zusammenarbeit mit Salvador Dali entstandenen Fotografien bilden den Schwerpunkt der Ausstellung. Daneben sind Portraitaufnahmen des Fotokünstlers zu sehen. Winston Churchill auf zwei 1951 in Chartwell entstandene Aufnahmen, zu denen es ebenfalls anektotisches zu berichten gibt. Der britische Premier, ohnehin bekannt für seinen eigenwilligen Charme, wollte sich partout nicht ausleuchten lassen. "Drei, zwei, eins, abdrücken", so sollte es gehen. Neben einem durch Licht und Schatten geprägten Portrait ist eine dann zufällig entstandene Aufnahme Churchills zu sehen, die ihn von hinten mit Hut und Mantel bekleidet auf einer Bank sitzend zeigt, wie er hinausblickt in den Park, fast entrückt von dieser Welt, wie es scheint. Auch Aufnahmen von Marilyn Monroe und Andy Warhol werden gezeigt, dazu ein in den 1930er Jahren entstandener Rückenakt der späteren Frau des Fotografen, ein Bild, das er bei der Flucht aus Frankreich retten konnte.

Hochwertige Vintage- und Gelatin Silver Prints zeigt die großartige Ausstellung, die für Freunde klassischer Fotografie ein Muss ist.

Bis zum 15. Oktober 2011 in der Galerie Stephen Hoffman, Prannerstr. 5 in München, Di-Fr. 11-18, Sa 11-14 Uhr. Eintritt frei.

 

 

Veröffentlicht am: 25.09.2011

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