SeitenWände im Münchner Stadtmuseum: Mit diesen Fotos wird man gern hinters Licht geführt (Folge 2)

von Achim Manthey

Ohne Titel, 2011 (Foto: Caspar Sänger)

In dem mehrteiligen Ausstellungsprojekt "SeitenWände. Fotografie im Buch oder im Raum" im Forum 025 des Münchner Stadtmuseums untersuchen Studierende der Hochschule für bildende Kunst Hamburg die Unterschiede in der Wahrnehmung von Fotos, die an der Wand hängen oder im Buch betrachtet werden können. Der zweite Teil des Projekts ist nun zu sehen.

 

Die erste Ausstellung befaßte sich mit dem Einsatz klassischer Stilmittel der Fotografie zur Darstellung von Bewegung, Objekten und Personen und der Interaktion mit dem Betrachter (Kulturvollzug berichtete). In der nun gezeigten zweiten Ausstellung geht es um die Fotografie mit ihren speziellen Produktions- und Darstellungsmöglichkeiten. Sie führt den Betrachter auf durchaus anregende Weise hinters Licht.

Seestück gelblich, 2010/Schneedecke mit Fährten, 2010 (Fotos: Simone Haug u. Rebekka Seubert)

Die Wandinstallation von Caspar Sänger besteht aus zahlreichen Einzelfotografien. Keine eigenen Werke, sondern Lehrbüchern über Schwarzweißfotografie entnommen und daher zunächst nicht zuzuordnen. Erst die Beschäftigung mit dem dazugehörenden Buch, das den gesamten Bücherbestand des Fotografen und eben auch die Lehrbücher dokumentiert, bringt Aufklärung. Die Arbeiten von Simone Haug und Rebekka Seubert setzen sich mit der Darstellung von Landschaft auseinander. Haug hat Landschaften von Plakatflächen reproduziert, die das reale Bild von so genannten Sehnsuchtsorten transportieren sollen. Das muss per se schon in die Hose gehen. Auch die Gegenüberstellung mit den sehr realen Fotos von Moorlandschaften von Rebekka Seubert funktioniert nicht, weil dort zwei gegensätzliche Welten zu weit voneinander entfernt sind. Um den Zufall schließlich geht es in der Arbeit "36 Bilder" des Bulgaren Mitko Mitkov. Sämtliche Fotos eines fehlerhaft entwickelten Films fördern seltsame Bildfragmente und Lichtspuren zutage. Die Arbeit ist sicherlich der stärkste Teil der Ausstellung.

Die Arbeiten von Sänger und Mitkov sind originell, weil sie etwas vorgeben, was nicht ist und nicht war. Sänger reißt etws auseinander, zeigt es an der Wand und löst es mit Hilfe des Buches wieder auf. Das ist Interaktion, die dem Thema der Ausstellung gerecht wird. Mitkovs Arbeit, die aus 36 Kleinbildabzügen und einem Heft mit 16 Bildern besteht, stilisiert Panne zur Kunst.

Der zweite Teil der Ausstellungsreihe nähert sich dem Thema des Projekts an. War die erste Ausstellung noch überladen, reduziert sich das nun an der Wand wie im Buch Gezeigte auf einen sehr überschaubaren Rahmen. Das Buch oder Heft zur Hand zu nehmen hilft nun, das Bild an der Wand zu verstehen. Es lohnt sich nun durchaus, kurz im Durchgang zu verweilen.

 

Bis zum 4. Dezember 2011 im Forum 025 der Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums, St.-Jakobs-Platz 1, täglich außer Mo. von 10-18 Uhr.

Veröffentlicht am: 17.11.2011

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