Filmschönheiten bei Stephen Hoffman

Göttinnen mit Sex und Charakter

von Achim Manthey

Brigitte Bardot bei den Dreharbeiten zu "Le Petrouleuse" (c) Terry O'Neill 1971

Die wunderbare Ausstellung "Walk of femmes" in München zeigt Fotografien berühmter Filmschauspielerinnen aus mehr als vier Jahrzehnten. Die besten Fotografen ihrer Zeit waren am Werk.

Da ist dieser Blick. Die Lady in Black, einen schweren Colt mit kontrastierend weißem Griff umgeschnallt, eine Hand in die Hüfte gestemmt, in der anderen eine kleine Zigarre, wendet sich vom Fotografen ab. Die mandelförmigen Augen, leicht zusammengezogen, blicken mit einer Mischung aus Nachdenklichkeit und Sehnsucht ins Leere. Der britische Fotograf Terry O'Neill lichtete Brigitte Bardot 1971 bei den Dreharbeiten zu dem französischen Spaghettiwestern "Le Petrouleuse" oder "The Legend of Frenchie King" ab, in dem die Schauspielerin an der Seite ihrer Rache-Schwester Claudia Cardinale die Hauptrolle spielte, was - dies lediglich am Rande - den Streifen auch nicht retten konnte.

Eine andere Aufnahme von Terry O'Neill zeigt die Bardot im Portrait mit verwehtem Haar und der Zigarre zwischen den Zähnen. Aber natürlich gibt es das französische Sexsymbol auch leicht bekleidet im Bikini auf dem Bild des Fotografen Edward Quinn von 1959, entstanden bei den Dreharbeiten zu dem Film "Voulez-Vous danser avec moi?".

Jane Russell, fotografiert von George Hurrell (c) Hurrell Estate Collection 2012

Im zehnten Jahr des Bestehens seiner Galerie ist Stephen Hoffman ein Coup gelungen. Durch direkte Verbindung zu den Fotografen und - viele leben bereits nicht mehr - ihren Nachlass-Verwalternkonnte er Meisterwerke der Stand- und Setfotografie aus mehr als vier Jahrzehnten nach München holen. Die Palette der Fotografen, deren Arbeiten zu sehen sind, reicht von Alfred Eisenstaedt und Peter Stackpole über Milton Green und Edward Quinn bis hin zu Terry O'Neill und Werner Bokelberg.

Portraits, Filmsequenzen und gestellte Fotos von Filmszenen zeigen die Stars. Reine Werbung war das schon damals - die Fotografien wurden an Tageszeitungen und Zeitschriften verkauft, um das Publikum in die Kinos zu locken. Häufig waren die Filmproduzenten Auftraggeber. Freie Fotografen wie Bob Willoughby, die Zugang zu den sonst hermetisch abgeriegelten Filmsets erhielten und ihre Bilder gleich an mehrere Zeitschriften liefern konnten, waren die Ausnahme.

Wie die Sterne auf dem "Walk of Fame" am Hollywood Boulevard in Los Angeles reihen sich die Stars an den Wänden der Galerie zu dem "Walk of femme" aneinander. Da tobt die zwölfjährige Liz Taylor mit dem Fahrrad die Straße hinunter (Peter Stackpole, 1944), Katherine Hepburn ist elegant (Alfred Eisenstaedt, New York 1939),  Jane Russell gibt sich begehrend, fordernd und offenherzig (George Hurrell), Audrey Hepburn kommt einmal verspielt (Edward Quinn, Monte Carlo 1951), dann wieder scheu (Bob Willoughby, Paramount Studios 1953) daher. Und Tallulah Bankhead, die heute wohl kaum noch jemand kennt, wird bei den Dreharbeiten zu "Lifeboat" so richtig nass gemacht, wie das Szenenfoto von Peter Stackpole aus dem Jahr 1943 belegt.

Grace Kelly, aufgenommen von Edward Quinn 1955 in Cannes (c) Quinn Estate

Marlene Dietrich, Bette Davies, Vivian Leight und Tippi Hedren sind ebenso zu sehen wie Grace Kelly, Marilyn Monroe und Sophia Loren. Das Foto von Jane Fonda als "Barbarella" von Carlo Bavagnoli, auf dem der Torso der Darstellerin wie in einem Panzer aus poliertem Holz erscheint, dessen Maserung mit dem Bildhintergrund korrespondiert, ist einigermaßen abgefahren. Ganz still hingegen die Aufnahme von Jean Seberg, die Bob Willoughby 1956 am Ufer der Loire in Frankreich gelang.

Sehr gut zeigt die Ausstellung, wie sich die Schönheitsideale und damit auch Blickwinkel und Aufnahmetechnik der Fotografen über die Jahrzehnte geändert hat: Mondän, elegant und unerreichbar fern für das Publikum in den frühen Jahren. Sexy, kess, fordernd, mehr auf das Image als "Sexsymbol" bedacht - und damit ebenso unerreichbar - in den 1950er und 60er Jahren.

Jean Seberg, fotografiert an der Loire in Frankreich 1956 von Bob Willoughby (c) Bob Willoughby Estate

Es ist eine ganz wunderbare Ausstellung. Schöne Frauen meisterhaft fotografiert: Die Besonderheiten der einzelnen Stars haben die Fotografen genial erfasst. Das ist für beide Geschlechter gut anzuschauen. Und die Version mit männlichen Stars soll Anfang 2013 folgen.

Bis zum 1. Dezember 2012 in der Galerie Stephen Hoffman, Prannerstraße 5 in München, Di-Fr 11-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr, Eintritt frei.

 

 

 

Veröffentlicht am: 19.11.2012

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