Glamour für Milbertshofen: Das Duo Dorrit & Eichhorn wirft mit seinen Bildern einen neuen Blick auf den Münchner Norden
Die Highlight Towers im goldenen Morgenlicht, das Olympiastadion mit puderfeinem Schneeüberzug, die Pfarrkirche St. Georg als neubarockes Juwel in saftig-grüner Natur. Die Bilder des Fotografen-Duos Dorrit Wess und Sven Eichhorn geben dem Münchner Norden einen Glanz, den die Realität meist vermissen lässt – oder den man erst erkennen muss. Die als „Dorrit & Eichhorn Produktion“ gemeinsam auftretenden Künstler verleiten zu einem neuen Blick auf das traditionell eher raue Milbertshofen, in dem sie auch selbst wohnen. Sie zeigen, wie stark sich das alte Arbeiterviertel in den letzten Jahren verändert hat.
Derzeit sind ihre Bilder im Kulturhaus Milbertshofen zu sehen. Das relativ neue Bürgerhaus ist innerhalb weniger Jahre zu einem lebendigen Mittelpunkt des Viertels und zu einem regen Kulturtreffpunkt geworden, was außerhalb der Milbertshofener Gemarkungsgrenzen bislang noch wenig wahrgenommen wird.
Wess und Eichhorn arbeiten seit 2007 zusammen, seitdem suchen sie die unbekannten Seiten gerade an scheinbar Wohlvertrautem: Eine Olympiadorf-Gasse glüht unter orange-rotem Sturmhimmel, ein Parkhausdeck wird zur Sciene-Fiction-Szenerie, eine alte Dieselzapfsäule am Bahngleis versetzt Milbertshofen in den Wilden Westen. Der Olympiapark mit spiegelndem See bei Nacht im Flutlicht – so war er real nur für wenige Minuten zu sehen, nämlich als Pop-Star Madonna bei ihrem Stadionkonzert Verspätung hatte und deshalb die Lampen etwas länger leuchteten.
Immer wieder zu sehen ist die BMW-Welt, deren Hülle mit ihren Spiegelungen und Brechungen die Fotografen offenkundig fasziniert, und immer wieder geht es in die Höhe, weil Sven Eichhorn gerne auf Kränen und Gerüsten herumklettert, um dem Münchner Norden neue Perspektiven abzuringen. Wess und Eichhorn arbeiten Oberflächen heraus, ihre Bilder bauen Bühnen auf fürs Stadtleben: „Kulissenblick“ heißt ihre Ausstellung im Bürgerhaus, ein in allen Assoziationen passender Titel. Die Bilder sind entweder überreal, verlockend-unwirklich – oder süßlich überzeichnet.
Zur Präsentation der Ausstellung wurde im Kulturhaus Milbertshofen einen Abend lang gefeiert mit vielen Gästen und Musik, dabei auch die Band des Münchner Bluesrock-Helden Marc Dorendorf. Was allerdings aus Münchner Sicht gar nicht geht, das ist die Beschriftung einiger Plakate mit den Fotos: „Münchener Norden“ steht da, und das überflüssige „e“ in der Ortsangabe wird auch die meisten Milbertshofener fremdeln lassen. Und Sven Eichhorn überraschte das Publikum mit Offenherzigkeit: „Das Wichtigste ist, dass man es schafft, das Stativ wackelfest hinzustellen“, beschrieb er seinen künstlerischen Schöpfungsprozess. So entsteht er also, der Glamour für Milbertshofen.
Bis 30. März im Kulturhaus Milbertshofen, Curt-Mezger-Platz 1