"Konrad Klapheck. Das Graphische Werk" in der Versicherungskammer Bayern
Perfektionist und Einzelgänger mit herrlichem Humor
Er sagt das so lapidar. Aber klar, der vierte Platz kann für einen Läufer nicht eben das Ziel sein. Zumal nur die ersten drei in der Zeitung stehen, und das muss den jungen Konrad Klapheck schon sehr gefuchst haben. Um jedenfalls in die Zeitung zu kommen, sei er dann doch Maler geworden, bekennt Klapheck, ohne eine Miene zu verziehen. Da rechnete er sich einfach bessere Chancen aus.
Man braucht das nicht für bare Münze zu nehmen. Aber es ist eine vergnügliche Erklärung für einen, der sich eh nicht erklären müsste, noch dazu in einem Metier, das von Berufenen nur so wimmelt. Klapheck, der im Februar 80 Jahre alt geworden ist, hält den Ball lieber flach und schwadroniert mit wunderbarer Selbstironie über die kleinen Niederlagen seines Künstlerlebens. Auch das kann er ganz entspannt, jeder kennt seine Schreibmaschinen (ab 1955) oder das Bügeleisen (1967), das gerade Dampf ablässt und den vielsagenden Titel „Schwiegermutter“ trägt.
Klapheck ist mit seiner unverkennbaren sachlich kühlen Handschrift in allen wichtigen Sammlungen vertreten.
Und natürlich hat er seine Sache ernst genommen. Halbheiten gab’s nicht, mit missglückten Arbeiten hadert er heute noch, vor allem wenn es Aufträge waren, die er abliefern musste und nicht im Papierkorb versenken konnte. „Die Grafik war mein Trainer, die mir zurief: noch nicht gut genug!“, bekennt er in rheinischem Singsang. Und wer mit ihm durchs Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern geht, wo sein grafisches Werk nun in einer ersten großen Retrospektive zusammengefasst ist, spürt den Perfektionismus. Bis ins kleinste Detail sind die Vorlagen für Radierungen oder Lithografien konzipiert, „die Nähmaschine darf keinen Millimeter weiter rechts stehen, weil die Komposition sonst nicht harmonisch ist“, betont Klapheck und schiebt mit seinen sagenhaft großen Händen ein imaginäres Exemplar in die richtige Position.
Das Ding hat seinen Platz und wird in einer geradezu porträthaften Behandlung zum wesenhaften Solitär und schließlich zum Monument. Wahrscheinlich hat niemand je einen exakt aufgerollten Feuerwehrschlauch so hingebungsvoll mit all seinen Windungen verewigt. Nimmt man einfach nur die Umrisse, meint man die Mona Lisa dieses Geräteparks gefunden zu haben - zwischen dem „Auserwählten“ (1981), der einen Telefonhörer bezeichnet, oder einem Elektrorasierer auf einem Stuhl namens „Pascha“ (1976). Halt wie im richtigen Leben. Wobei die „Männlichkeit“ noch übertroffen wird durch die „Ungeduld der Sphinx“ (1998), einer Nähmaschine, die jeden Moment bereit ist, ihre spitze Nadel in die Stichplatte zu rammen.
Überhaupt die Titel. Sie erzählen einerseits von Klaphecks herrlich schrägem Humor, unterstreichen aber auch das Surreale seines Oeuvres. Da ist der Sohn zweier Kunsthistoriker ein Verwandter Magrittes und Man Rays und Max Ernsts und André Bretons. Alle lernt er sie in den Sechzigern kennen, überhaupt zieht es ihn immer wieder nach Paris, wo er früh Anerkennung erfährt. Und man mag zwischen all den Schrauben, Ventilatoren oder Zahnrädern auch an Marcel Duchamp denken, der vor einem Propeller feststellt, dass die Malerei am Ende sei und seinem Begleiter Brâncuşi die rhetorische Frage stellt, ob es etwas Vollendeteres gebe als diesen Propeller.
Konrad Klapheck, "Der Pascha", früher "Elektrosasierer auf Stuhl", 1976, Radierung. Foto: VG Bild-Kunst Bonn2015 / Kunstfoyer
Mindestens genauso scheint Klapheck aber auch von der banalen Waren- und Konsumwelt angezogen. Und sowieso vom Sport. Auf sein schlichtes Plakat für den „Davis Cup 83“ mit lediglich einem Tennisschläger in schnittiger Perspektive ist er besonders stolz – „weil es so viele Leute gesehen haben“.
Und dann ist da noch Klaphecks große alte Liebe zum Jazz, die sich in den 1990er Jahren ihren Weg ins Werk bahnt. Auch da fällt sein präziser Strich ins Auge, etwa in der Radierung „Round about Midnight“ mit Thelonious Monk oder Billie Holiday samt typischer Blüte im Haar in „Swing, Brother, Swing“ (beide 2007). Parallel dazu wendet er sich dem Aktzeichnen zu – in comichafter Verallgemeinerung, mit subversivem Witz. Das muss man mögen, das fällt aus dem Rahmen. In gewisser Hinsicht wie Konrad Klapheck, der bei aller Nähe zur Pop Art, zum Surrealismus, zur x-ten Neuauflage des Realismus doch immer ein künstlerischer Einzelgänger geblieben ist. Allerdings im positiven Sinne.
„Konrad Klapheck. Das Graphische Werk“ bis 17. Mai 2015 im Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern, Maximilianstraße 53, täglich von 9 bis 19 Uhr, Eintritt frei, Führung: Dienstag, 17. und 27. April sowie 6. und 17. Mai jeweils um 12.30 und 18 Uhr, Katalog (Deutscher Kunstverlag) 24,90 Euro. (Zeichnungen und überarbeitete Graphiken von Klapheck waren bis zum 21. März 2015 auch in der Galerie Fred Jahn, Maximilianstraße 10, zu sehen.)