Interview mit Kitti & Joy, die den „zwei:eins“-Kunstpreis bekommen

"Wir ziehen nach New York, da ist es noch teurer"

von Christa Sigg

Haben nicht nur die Haare schön: Kitti (links) und Joy. Foto: Dominik Bindl

Das Münchner Duo Kitti & Joy erhält den begehrten „zwei:eins“-Kunstpreis. Ein Gespräch über unsinnige Konkurrenz, teure Ateliers und ihr Magazin für Künstlerinnen. Die beiden sind im selben Kreißsaal eines Regensburger Krankenhauses, aber nicht im selben Jahr geboren. Sie arbeiten seit 2014 zusammen und glauben fest an die Kraft der Freundschaft und der Magie

Ihre Aufkleber bleiben haften. In jeder Hinsicht. „Es war ja nicht alles schlecht“, stand auf den Stickers, die Kitti & Joy im Februar während der Diplomausstellung an der Kunstakademie verteilt haben. Nett für die Professoren, kann man da nur sagen. Das um keine schräge Idee verlegene Duo hat damals die Kantine in eine Partymeile mit Sternenhimmel verwandelt, großes Theater mit einem Augenzwinkern war das. Und nun werden die beiden mit dem Münchner „zwei:eins“-Kunstpreis ausgezeichnet, der ihnen nicht nur die Umsetzung eines langfristigen Projekts ermöglicht, sondern auch ein Netzwerk quer durch die Kunstinstitutionen der Stadt bietet.

Kitti & Joy, Eure Name klingen nach zwei befreundeten Barbie-Puppen. Ist das Programm?

Das sieht man doch.

O.k., spielt Trash eine Rolle?

Würde wir schon sagen. Aber unsere Namen klingen doch auch sehr dynamisch.

Stimmt, unter den Aufklebern, die Ihr verteilt, gibt es einige sportliche Szenen. Kitti & Joy auf einem Haflinger, mit Hanteln, beim Maßkrugstemmen gegen den Terror…

Ja klar! Training ist Belastung, und Belastung ist Training!

Gibt es gerade wieder eine stärkere Tendenz zu Künstlerpaaren?

Das ist ein altes Thema, das gibt es immer wieder. Aber gerade in unserem Beruf, der so sehr von Konkurrenz geprägt ist, macht es umso mehr Sinn, sich zusammenzuschließen.

Und wie habt Ihr zusammen gefunden?

Bevor wir an der Akademie anfingen, haben wir schon anderes gemacht. Joy hat Mathematik und Kunstpädagogik studiert, Kitti Germanistik und Kunstpädagogik. Wir kennen uns schon ziemlich lang und sind fast so lang auch befreundet. Angefangen hat die Zusammenarbeit mit der Planung eines Fitnessstudios, und daraus haben sich dann weitere Projekte ergeben. Wir teilen einen bestimmten Humor, verbringen gerne Zeit miteinander, insofern ist es doch schön, auch gemeinsam zu arbeiten.

Ihr habt im Frühjahr beide als Meisterschülerinnen von Gregor Hildebrandt Diplom gemacht, der ist an der Akademie Professor für Malerei und Grafik. Nehmt Ihr auch Pinsel oder Stifte in die Hand?

Ja, jede von uns beiden hat ihre individuelle Praxis, jeweils unter unserem tatsächlichen Namen. Zu zweit malen wir allerdings nicht.

Sondern?

Wir arbeiten genreübergreifend zu Themen wie Konsum, Kommerz, Marketing oder Trends und soziale Medien. Das können dann Performances und raumgreifende Installationen sein. Aber das hängt von der jeweiligen Situation ab, zu der muss es passen. Der „zwei:eins“-Preis ist ein ganz gutes Beispiel. Wir sind nicht aufgrund eines konkreten Werks oder einer Aktion ausgewählt worden, sondern als Duo Kitti & Joy. Und jetzt erst entwickeln wir unser Projekt.

Projektpartnerin wird die Kunstmanagerin Mon Müllerschön sein. Was für eine Idee steckt dahinter?

Wir wollten schon lange mit jemandem aus der Beraterbranche sprechen, einfach um für unsere künstlerische Arbeit zu recherchieren, was diese Leute machen. Also haben wir bei Mon Müllerschön angefragt, ob sie Lust hat. Und es kam spontan eine sehr positive Reaktion.

Mon Müllerschön ist bestens vernetzt, zu ihren Kunden gehören Hubert Burda und Roland Berger. Das könnte ja auch einem jungen Duo gewisse Türen öffnen.

Daran haben wir gar nicht gedacht, wir wollten einfach wissen, wie die „andere Seite“ funktioniert. Mon kommt ja von der Kunstgeschichte, und wir können mit ihr genauso über unsere künstlerische Arbeit sprechen. Sie weiß, wie alles zusammenhängt. Wir wollen ja ein Magazin machen, das junge Künstlerinnen anspricht, unterhält und informiert.

Wie schaut das aus?

Wir sind ganz am Anfang, jetzt haben wir 18 Monate Zeit, uns ein künstlerisches Konzept zu überlegen und das Magazin zusammenzustellen. Wir wissen nur, dass wir das mit unserem Preisgeld finanzieren.

Ihr seid gut beschäftigt, kommt gerade aus Nürnberg von einer Ausstellung zum 50-Jährigen des Instituts für moderne Kunst. Könnt Ihr von der Kunst leben?

NEIN!

Liegt das am teuren München?

Sicher auch. Um ein Atelier zu finanzieren, muss man schon tief in die Tasche greifen. Und das Geld erst einmal verdienen! Vor lauter jobben fürs Atelier und den Lebensunterhalt kommt man kaum noch dazu, Kunst zu machen. Man ist ständig doppelt belastet.

Bleibt Ihr trotzdem hier?

Wir wollen’s wissen und sagen: München reicht uns nicht, wir ziehen nach New York, da ist es noch teurer. Man muss ja auch Opfer bringen.

Und dafür noch ein bisschen in München schuften. Wie seid Ihr untergebracht?

Wir haben ein Atelier an der Ganghoferstraße, das vom Akademieverein, der Steiner Stiftung und der Fondara Immobilien AG gefördert wird. Förderung heißt ja in München schon, dass man überhaupt ein Atelier bekommt. Unseres ist schön, aber nicht besonders groß. Wenn wir an unserer jeweils eigenen Kunst arbeiten, geht das nicht gleichzeitig. Die Stadt München ist da wirklich in der Pflicht, wenn sie Künstlerinnen hier halten will. Die städtischen Atelierhäuser reichen nicht aus!

Euer Traum?

100.000 Follower auf Instagram (@kittiandjoyTV) und Gewinnerinnen der Ugly-Sweater-Weltmeisterschaft (WM der grauenvollsten Pullis).

Preisverleihung am Mittwoch, 29.11.2017, ab 19 Uhr in der Aula der Akademie der Bildenden Künste, Akademiestr. 2-4. Die Laudatio hält Stephanie Weber vom Lenbachhaus, außerdem gibt es Musik von PAAR. Online-Anmeldung erbeten unter zweizueins-kunstpreis.de/preisverleihung-2017

Veröffentlicht am: 28.11.2017

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