Philipp Sonntag in Ecco Meinekes Gagalerie

„Blues, was mach ich bloß?“

von Michael Wüst

Philipp Sonntag und Sabine Matusch. Foto: Michael Wüst

In seiner Paraderolle als Kauz und Komödiant konnten wir bei der Finissage am 2. Juli 2023 wieder einmal Philipp Sonntag erleben, der sich in Ecco Meinekes „Gagalerie“ an der Reifenstuelstraße 14 als expressiv-fantastischer Maler und Zeichner präsentiert hatte. Seine neueren Bilder, in denen sich Träumereien und Berliner Stadtszenen manchmal wie aus einem Panoptikum der 1920er Jahre mischen, belegen deutlich, wo Sonntag seit zwei Jahrzehnten lebt.

Als Komödiant ist er aber Universalist geblieben, immer noch steckt in dem 81-Jährigen der Puck einer höheren, hyperglobalen Unordnung.

Die universelle Begabung fürs Entertainment hatte Sonntag und Meineke schon einmal zusammengeführt, Ende der 1990er Jahre bei der wunderbaren satirischen Fernsehshow „Quast - Das Allerletzte aus aller Welt“. Da schossen sich die beiden schlagfertigst die Bälle zu, aber Philipp Sonntag entfernte sich regelmäßig mit raumgreifenden Sprüngen auf seinem Assoziations-Springstock in absurde, weit entfernte Nebenschauplätze. Uneinholbar, auch für Kollegen Philipp Mosetter, damals bekannt vom Frankfurter „Karl Napp's Chaos Theater“. Mit dem regungslosen Gesicht eines Buster Keaton verstand der es meistens, das zerfranste Gespräch in einer völlig sinnlosen Protokoll-Note immerhin zu arretieren.

Philipp Sonntag und Sabine Matusch. Foto: Michael Wüst

Doch zurück zur kleinen Galerie. Noch bevor man ihn sieht – er muss sich zwängen durch die Leute, die die Tür verstellen - hört man den 81-Jährigen schon klagen von der Lebzeit seines Missvergnügens: „Verbannt auf diese Erde, arm, elend, hässlich nur, herabgedrückt zur Herde, unscheinbar von Statur…“ Ganz großes Deklamieren, allerdings und wunderbarerweise eben mit dieser leichten Überdrehung an der dramatischen Stellschraube. Der Narr, der Komödiant ist immer noch der Meister. Seinen Iffland Ring hat er aus dem Kaugummiautomaten.

Jetzt hat er sich durch die Tür gezwängt und humpelt ganz arg, von der Natur ums schöne Ebenmaß betrogen, auf Sabine Matusch zu. Aber sie wird ihm beistehen. Und der Blues. Also Schluss damit, die Mißgestalt zu erörtern, let's play the Blues.

„Blues, was mach ich bloß?“, fragt er und klagt: Immer bekifft/Alles Versifft/Geschirr nicht gespült/Alles vermüllt…Immer bereit zur falschen Zeit/Ein falscher Satz am falschen Platz/Ein falsches Wort am falschen Ort/Ein falscher Kuss im falschen Bus“. Er ist echt schlecht drauf, zwischendrin fetzt er seinen Personalausweis ins Eck. „Lass die Steine liegen/ Die Krone auf den Müll/Dann wirst du morgen fliegen/Geradewegs durchs Ziel“ Die Bluesharp groovt und ein Schiffshorn ruft zu einer letzten Reise mit seiner singenden Begleitung Sabine Matusch. „Hinten am Heck klappt das Gestern weg…/Doch vorne am Bug ist der Luper-Lug/Into the sky, into heaven/Yeah we stay on the way, comes tomorrow, it's today”. Die Gegenwart ist ein Schiff, lee das Diesseits, luv das Jenseits, vorne am Bug aber immer dieser eine Tag des Lebens. Philipp Sonntag on the groove!

 

 

Veröffentlicht am: 06.07.2023

Über den Autor

Michael Wüst

Redakteur

Michael Wüst ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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