Die nervige Schickeria
Von wegen Kopflastig: Wie beim "Freischütz" verbindet man am Gärtnerplatz gerne Tiefsinn mit Unterhaltung. Foto: H. Posch
Viel Zufriedenheit und Vorfreude - und ein bisschen Ärger: Gärtnerplatz-Intendant Ulrich Peters freut sich über die Entwicklung an seinem Haus und über einen spannenden Mix in der neuen Spielzeit - und sieht das Theater zur "kleinen Schwester" degradiert.
Wie’s halt so ist an einem recht erfolgreichen Haus: Man schaut ob einer Auslastung von über 83 Prozent zufrieden zurück, blickt mit Freude voraus auf ein Programm mit vielen Höhepunkten. Zwischendurch aber ließ Ulrich Peters, Intendant des Gärtnerplatztheaters, einen Seufzer hören. Man sei halt, so Peters, „doch nur die kleine Schwester vom großen Bruder“. Womit der Intendant mit Sicherheit nicht den Staat als Orwellschen Kontrolleur meinte, sondern des Staates Oper. Und geseufzt hat Peters vermutlich an die Adresse von Kunstminister Heubisch, der seinen Vertrag nicht über die Spielzeit 2011/2012 hinaus verlängert hatte. Wohl, weil er mit der Ausrichtung des Hauses am Gärtnerplatzes nicht einverstanden war. Leichte Kost? Gut! Aber Experimente und Innovatives sollte sich man sich im Glockenbachviertel wohl versagen...
Peters geht im nächsten Jahr, er wechselt nach Münster, wo er der dortigen Zeitung bereits die Meinung über München geigte. „Die Münchner Kulturschickeria geht einem sehr schnell auf die Nerven“, sagte Peters dort, auch werde man mal „von der Politik umarmt, dann wieder eiskalt im Stich gelassen“. Mit ihm geht auch der Chefchoreograph Hans Henning Paar, auch er nicht ganz glücklich; er könne die zu erwartende neue Ausrichtung des künftigen Intendanten Josef Ernst Köpplinger (derzeit Klagenfurt) nicht teilen. Da Paar am Gärtnerplatz mit spannendem, komplexem Tanztheater aufwartete, darf man seinen freiwilligen Weggang so interpretieren, dass es in Köpplingers Auslassungen über den Kurs ab 2012 bevorzugt um die leichte Muse ging.
In der letzten Peters-Spielzeit dürfen sich die Zuschauer nochmals auf die bewährte Mischung von Leichtem und Nachdenklichem freuen, mit Repertoire-Rennern wie der „Zauberflöte“, der „Fledermaus“ oder dem „Grand Hotel“, und mit Neuem. Eine Telemann-Oper kommt auf die Bühne, und Detlev Glanert (Jahrgang 1960) bringt mit seiner Oper „Joseph Süß“ den Gegenpol zum infamen Harlan-Film „Jud Süß“. Ein Wunsch von Peters: „Glanert ist ein Komponist, den ich über die Maßen schätze.“
Ein Hauch von Abschied lag bei dieser Pressekonferenz in der Luft, auch weil das Gärtnerplatz ab Mai 2012 umziehen wird. Eine Generalsanierung steht an, bis 2015 werden die Gärtnerplatzensembles umziehen und unter anderem im Prinzregententheater, in der Reithalle und im Cuvilliés-Theater auftreten. Die letzten drei Spielzeitpremieren 2012 gehen schon aushäusig über die Bühne, was der 1. Kapellmeister Lukas Beikircher so schlimm gar nicht findet. Der „Falstaff“ von Verdi, ins Prinze verlegt, entlockte ihm ein deutliches Zeichen der Vorfreude: „Endlich können wir mal mit der großen Besetzung spielen – im Prinzregententheater ist der Orchestergraben ausreichend groß.“
Auch das „Schwere Reiter“ wird vom Gärtnerplatz bespielt oder vielmehr betanzt werden – für Hans Henning Paar „unheimlich spannend“. In Zusammenarbeit mit dem Gärtnerplatz-Ensemble setzen die freien Choreografinnen Claudia Senoner und Katja Wachter mit Tanz Total den Schlusspunkt hinter die Saison – und die Ära Peters.