Gitarren-Pop ohne Tiefgang: "Fertig, Los!" im Atomic Café

von kulturvollzug

Zwischen Kindergarten und Altersheim: Vor der Tür des Atomic Cafés wartet ein bunt zusammengewürfelter Haufen auf Einlass. „Ist bestimmt schon zehn Jahre her, dass ich das letzte Mal in ner Schlange vor nem Konzert stand“, tönt es hinter uns. Vor uns sammelt die Türsteherin fleißig die Personalausweise der noch minderjährigen Konzertbesucher ein. So sieht das bei einem Konzert von „Fertig, Los!“ also aus.

Eigentlich könnte auch der deutschen Musiklandschaft eine Frauenquote nicht schaden. Bands mit Frontfrauen wie „Juli“ und „Silbermond“ haben den Zenit ihrer Bandkarriere schon seit längerem überschritten, „Wir sind Helden“ machen momentan eher mit Lästereien gegen die BILD-Zeitung auf sich aufmerksam, denn mit wirklichen Neuveröffentlichungen. Dass „Fertig, Los!“ mit Bassistin Julia Viechtl karrieretechnisch schon am Ende sind, mag man nicht hoffen. Schließlich haben die jungen Münchner vergangenes Frühjahr erst ihr zweites Album „Pläne für die Zukunft“ herausgebracht.

Über eine schrumpfende Anhängerschaft müssen sie sich zumindest keine Gedanken machen: Der Club ist gut voll und das Publikum bester Laune. Es ist noch gar nicht so lang her, dass Julia und die beiden anderen Stammmitglieder Philipp Leu (Gesang/Gitarre) und Florian Wille (Schlagzeug) selbst Abiturienten am Pestalozzi-Gymnasium waren. Und was „Fertig, Los!“ an diesem Abend bietet, könnte wirklich von einer Schulband stammen: unreifer Gitarrenpop ohne Tiefgang. Seichter Sound zum Mitwippen, aber eben nicht zum Tanzen. Das Publikum ist trotzdem begeistert, schließlich wusste jeder, der die beiden Alben kennt, was ihn erwartet. Fast alle Texte handeln von Beziehungen. „Wenn du mich brauchst / bin ich bei dir“, schmachtet Sänger Philipp dann ins Mikro. Oder auch mal: „Glaubst du, ohne mich wird’s so viel besser gehen? / Dann komm schon, komm schon / bring es jetzt zu Ende“. Lediglich der Song „Die Andern“ sticht heraus: „Geh, geh wie anderen / Dein ganzes System / Kann dich nicht halten!“ Kommt da etwa ein Hauch von jugendlicher Rebellion auf? Eher nicht, denn der Text will nicht so ganz zum glattgebügelt-poppigen Begleitung passen. Dafür sehen „Fertig, Los!“ in ihren Röhrenjeans, mit Ponyfrisur und eng anliegenden Shirts zumindest aus wie Indie-Rocker.

Die Show der Band ist letztlich doch eine reife Vorstellung – es zeigt sich,  dass vier Profis auf der Bühne stehen. Während Philipp und Tour-Gitarrist Simon Schankula das Publikum mit Späßchen unterhalten, hält sich Bassistin Julia eher im Hintergrund. Zumindest bei der Zugabe überraschen „Fertig, Los!“ dann aber doch noch, als Philipp ein Theremin auf die Bühne schleppt und darauf Volkslieder wie „Alle meine Entchen“ und „Looking for Freedom“ zum Besten gibt. Kurz nach zwölf ist das Konzert zu Ende und während die Band ihre selbst abbaut, strömt das jugendliche Publikum nach draußen, um seine Personalausweise abzuholen.

Veröffentlicht am: 06.03.2011

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