Schokolade macht glücklich - leider nicht alle
Im Eine-Welt-Haus in München ist die Ausstellung "Schoko, Baby!" mit Arbeiten der Fotografin Barbara Hartmann zu sehen, die sich mit dem Thema Kakao beschäftigt.
Theobromin. Phenylethylamin. Tryptophan. Anandamid. Sagt Ihnen alles nichts? Das ist aber drin in dem Stoff, über den sich manche mit Heißhunger hermachen, den andere mit geschlossene Augen und versonnener Miene zartschmelzend Blöckchen für Blöckchen auf der Zunge zergehen lassen: Schokolade! Die Anregung des Glückshormons wird ihr nachgesagt, heilsame Kräfte, ja sogar aphrodisische Wirkungen werden ihr zugeschrieben. Und ohne sie hätte Juliette Binoche in dem Film "Chocolat" Johnny Depp nie gekriegt.
Grundbestandteil der Schokolade ist Kakao. Und damit beginnt ein Dilemma, denn das Produkt, das der Verbraucher zu Preisen zwischen 95 Cent und zwei Euro aus dem Supermarktregal fischt, hat in seinem Anfang eine Geschichte, die bis heute von Armut, Ausbeutung, Kinderarbeit und Preisdumping erzählt. Genau damit beschäftigt sich Barbara Hartmann in ihrer aktuellen Ausstellung "Schoko, Baby!", für die sie unter anderem im Februar diesen Jahres die Elfenbeinküste bereist hat. Die Aufnahmen zeigen die Pflanzen, um die es geht, die Ernte und Bearbeitung der Bohnen, vor allem aber beeindruckende Portraits der Bauern und Erntearbeiter, Kinder oft, schwielige Hände. Trotz Not und Elend scheint der Stolz der Menschen ungebrochen.
Kakao bezeichnet den Samen des Kakaobaums ebenso wie das daraus gewonnene Pulver. Die Ernte ist mühsam und erfolgt bis heute händisch. Die Früchte des Baumes, die direkt am Stamm wachsen, werden mit der Machete abgeschlagen, dann aufgeschlagen und auf Bananenblättern ausgebreitet oder in Bottiche gefüllt. Das weiße Fruchtfleisch, die sogenannte Pulpe, beginnt sehr schnell zu gären. Während dieser etwa zehn Tage dauernden Fermentation verlieren die Bohnen einen Teil ihrer Bitterstoffe und und entwickeln ihre Farbe sowie die typischen Geschmacks- und Aromastoffen. Die Bohnen werden anschließend in der Sonne getrocknet, wobei sie die Hälfte ihrer Größe verlieren. In Säcke verpackt treten Sie dann ihren Weg auf die Weltmärkte an. Die Hauptanbaugebiete befinden sich heute in Afrika, wobei die westafrikanische Elfenbeinküste der größte Kakaoproduzent der Welt ist. Ein Krisengebiet.
Durch erhöhte Nachfrage, Produktionsrückgänge und Spekulationen erhöhte sich der Preis für Kakao auf dem Weltmarkt in den Jahren 2009 und 2010 um nahezu 150 Prozent. Und im März 2011 stieg er auf den höchsten Stand seit 34 Jahren. Nur: bei den Kleinbauern und Landarbeitern, deren Einkünfte kaum ausreichen, um die Existenz zu sichern, kommen diese exorbitanten Preissteigerungen nicht an. Der Preis, den die Bauern erzielen können, war seit zwanzig Jahren unverändert - etwa ein Euro für ein Kilogramm Bohnen, aus denen man etwa 40 Tafeln Schokolade herstellen kann. Der Preis müsste doppelt so hoch sein, damit die Bauern von seiner Arbeit leben könnte. Zwar haben sich einige größere Unternehmen inzwischen verpflichtet, Kakao aus fairem Handel einzusetzen. Viel gebracht hat das nicht. Im Gegenteil: für die Bauern in der Elfenbeinküste hat sich die Situation in diesem Jahr nochmals dramatisch verschlechtert. Zum Jahreswechsel 2010/2011 wurden hunderte Tonnen Kakao ausgeliefert, die aufgrund der Unruhen im Land und des in der Folge verhängten EU-Embargos erst mit über fünf Monaten Verspätung bezahlt werden konnten und darüber hinaus dazu führten, dass sich der Preis um die Hälfte reduziert hat. Auch die wirtschaftliche Situation der Kakao-Bauern und Landarbeiter untersucht Barbara Hartmann in ihren Arbeiten.
Es sind beeindruckende Dokumentar-Fotografie, die in der Ausstellung zu sehen sind. Sie entführen den Betrachter in eine andere Welt, machen teilweise beklommen angesichts der gezeigten Lebens- und Arbeitssituation der Menschen. Süss wie Schokolade ist da nichts.
Bis zum 29. Juni im Eine-Welt-Haus, Schwanthaler Str. 80 in München, täglich von 10-22 Uhr