Plüschige Pracht im Dienst der Liebe

von kulturvollzug

Ekaterina Krysanova als Kitri (Foto: Wilfried Hösl)

Das Bayerische Staatsballett nimmt „Don Quijote“ wieder auf. Als Frischekur mit dabei: Zwei Gaststars des Bolschoi Balletts.

Ein halbes Jahrzehnt hielt die Bolschoi-Ballerina Natalia Osipova die Welt als Kitri in Atem. So explosiv war ihre Interpretation, dass die Rauchschwaden ihres Münchner „Don Quijote“-Gastspiels 2007 so richtig erst letztes Jahr verflogen waren: Zur Terpsichore-Gala 2010 führte die Kubanerin Viengsay Valdez vor, dass die Rolle statt mit Schnelligkeit auch mit rustikaler Balance zu gestalten ist. Nun endlich widmet sich auch wieder das Staatsballett dem Stück, dessen Hauptrollen schon so manche Koryphäe groß machten. Bei der Wiederaufnahme, und auch am darauf folgenden Abend, gab es virtuose Technik und bemerkenswerte Rollendebuts zu sehen. Doch auch die kleinere Bühne des Prinzregententheaters konnte nicht verbergen, dass die Inszenierung veraltet ist.

Cyril Pierre als Don Quijote (Foto: Wilfried Hösl)

Der Münchner „Don Quijote“ stammt aus dem Jahr 1991. Damals, in den Anfangszeiten des Bayerischen Staatsballetts als selbständige Kompanie, schuf Ray Barra auf Geheiß von Konstanze Vernon eine Fassung des Klassikers, die praktisch ohne Bühnenbild auskam. Ein paar Stellwände und eine Windmühle, das ist praktisch alles. Dafür kamen eine Ensembleszene sowie ausufernde Traumsequenzen in Weiß hinzu, die den Ballerinen der Truppe eine Reihe plakativer Variationen bieten. Für die Erweiterungen lieh man sich Musik aus „Le Corsaire“. Das Ganze ist ein Patchwork, das heute, 20 Jahre später, unter den farbenprächtigen, aber plüschigen 90er-Jahre-Kostümen eher mager wirkt.

Was den Zahn der Zeit ebenfalls vergessen machte, waren aber natürlich Ekaterina Krysanova und Andrei Merkuriev vom Bolschoi, die am Premierenabend gastierten. Krysanova als Kitri (sie tanzt noch einmal am 24. September) hat eine herrliche Mimik, flirtet, kokettiert, lacht, sprüht; Merkuriev als Basilio (er ersetzte den erkrankten Lukas Slavicky) passt als langhaariger Draufgänger perfekt dazu. Die Staatsballettänzer stehen den beiden in nichts nach – doch hier stand so manchem Herren noch die Anstrengung ins Gesicht geschrieben, vor allem am zweiten Abend unter der zweiten Besetzung.

Macht nichts, die Leichtigkeit im Ensemble wird sich schon noch einstellen. Mai Kono als Amor macht es vor: Sie springt und dreht über alles hinweg. Vor allem über das Corps de Ballet, wo sie sicher nicht mehr lange verharren muss. Das erfreulichste Ereignis ist jedoch Ivy Amista als Kitri. Nach einer mittelmäßigen Nikiya und einer netten Aurora, ist bei ihr endlich endlich der Knoten geplatzt. Sie spielt Sprünge und Balancen in aller Brillanz aus, so dass sie im Grand Pas de Deux einen Starappeal entwickelte, der den der Krysanova fast übertraf. Bravo! Der Münchner Don Quijote ist also noch einmal gerettet.

Isabel Winklbauer

Veröffentlicht am: 28.06.2011

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Zweipfennig, Dorothea
29.06.2011 16:56 Uhr

ZU: praktisch ohne Bühnenbild -

Das Original-Bühnenbild für das Nationaltheater musste für das Prinzregententheater verkleinert werden, da die Bühne erheblich kleiner ist. Im Original gab es ums Bühnenrund wunderhübsche Holzlauben mit Umgang oben und durchgängig unten.