Absoluter Spottpalast: Das „Gstanzl Slam“-Finale im Hofbräuhaus

von Michael Wüst

Bierwampen und Pudelmützen: MC Harras. Foto: Michael Wüst

Schee, dass ihr alle da seid´s, den Satz hörten wir beim Finale des „Gstanzl Slam“ im Hofbräuhaus am Platzl immer wieder gern. Auf und nieder. Immer wieder. Und vor der Punktevergabe für die sechs Finalisten hieß es, ebenfalls von Seiten der fast P1-fähig originell gekleideten Moderatorin Christine Adler: jetzt wird es gaaanz, gaaanz spannend. Fehlte nur das Sound-Surrogat des DSDS-Überlebenskampfes.

So schee. Es waren ja auch wirklich sehr viele gekommen. Busladungen. Ausgelassen hatte man sich vorbeigequetscht an Japanern, die vor abgenagten bleichen Haxnknochen saßen. Angereist waren die Fans ihrer Kleinen auf der Bühne aus niederbayrischen Dörfern wie Casting, Feeling oder Piercing. Ja, gar lustig und mobil ist der Casting-Mob. Handywald ragte durchgehend in die Höh für die Zeit danach.

Fast P1-fähig originell ist Moderatorin Christine Adler. Foto: Michael Wüst

Was steht eigentlich hinter diesem rast- und pausenlosen Vermantschen, Pantschen und Verkleben von allem, Fusion, Crossover, Stilemix, Multikulti ? Der Wille zur finalen Einheitlichkeit? „Gstanzl Slam“ im Hofbräuhaus jedenfalls ist eine Totalveranstaltung der Dilettanten, ein Rausch der Unterdurchschnittlichkeit. Ein absoluter Spottpalast.

Für schlappe achtzehn Euro Eintritt gab´s in der Neo-Renaissance-Trinkhalle des großen Festsaales eine Container-Show vermeintlichen Nachwuchses. Pompös aufgezogen mit würdiger Jury, bestehend aus Stofferl Well, „Blumentopf“ („Rapper aus Freising“), Gerhard Holz und Siegfried Bradl vom Förderverein Bairische Sprache und Dialekte e.V und Till Hofmann vom Lustspielhaus wurde nach klassischer Contest-Manier abgestimmt über sechs Finalisten. In drei Contests vorher waren gekürt worden Freunde der proletoiden Volksspaßes wie „Die Gerner Zipfeklatscher“ oder „D´Grenzstoarucka“. Geh mir weg!

Im bestens gefüllten Saal war von den Texten der Probanden aus den bayrischen Gauen kein Wort zu verstehen. Akustik Marke Gulli. Kein Wort. Vorne nicht, hinten nicht, in der Mitte nicht. Suchend nach Verständnis, verblieb einem nur, mehrstimmige Gesänge in gewagten Dissonanzen und spannenden Vierteltonparallelen zu verfolgen. Kein Problem, die Bude brummte. A Spaß muaß sei in am kernigen Voik! Nach textlich unverständlichen Auftritten, folgten Jubelbezeugungen aus der Jury. Blumentopf: „Also, ganz ehrlich, ich fand es super, also die Performance.“ Der hatte also auch nichts verstanden.

Haben was: die siegreichen Wonnebeats. Foto: Michael Wüst

Aber das machte alles nichts, wenn das Volk mal unter sich ist, ist es nicht mehr zu bremsen. Da ist dann eine große Solidarität, bayrisch Soli-Diri-Darität. Oder auch eine friedliche Revolution! Die auf der Bühne sind genauso bläd wie mir!

Halt stimmt nicht ganz. Zwei der bayrischen Container-Hoffnungen hatten irgendetwas. Die Sieger des Abends, die „WONNEbeats“ und der Dritte nach den Zipfeklatschern, „MC Harras“. „MC Harras“ kommen mit Bierwampen und Pudelmützen zu acht auf die Bühne, die frischen Massen in der Hand. MC Harras himself, ein Bulle mit Wollbiberpelz und Kuhketten-Bling um den Hals. Stierhirt goes Snoop Dog. Im Hip-Hop-Macho-Gehabe gelingt das anfangs ganz gut, sogar die Sonnenbrille trägt. Der Schlagzeuger hat ein pinkfarbenes Hütchen nach Boy-Goerge-Manier auf. Spannung kommt auf. Es folgt ein Hofbräu-Rap, der beginnt mit dem Refrain zwölf Maß und endet mit - guess what: vierzehn Maß! Was ham mir glacht. Die Siegerinnen, die WONNEbeats, sehen mit ihren lustigen Kopftüchern aus wie aus einer 50er Jahre Wolfgangsee-Hotelserie herausgefallen. So was von nett. Nach eigenem Bekunden verbinden sie Alm-Ska-Beats über BrasilLatinAfrica mit Gstanzl-Galopp. Na ja, es kann halt nur einen Sieger geben. Das ist ja das Langweilige!

 

Veröffentlicht am: 08.07.2011

Über den Autor

Michael Wüst

Redakteur

Michael Wüst ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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