Salatschüssel am Isarstrand: Zur immer absurderen Debatte um einen neuen Münchner Konzertsaal

von Roberta De Righi

Ausgangspunkt der Diskussion: Die Akustik in der Philharmonie im Gasteig ist vielen zu dürftig - deshalb soll einer neuer Konzertsaal her. Foto: Gasteig München GmbH / Matthias Schönhofer

Das Sommerloch naht, und darum hat sich die lokale Presse bereits ein Dauer-Thema gesichert, das in den kommenden ereignislosen Wochen sicher noch die eine oder andere Blüte hervorbringen wird: München braucht bekanntlich einen neuen Konzertsaal - und alle sind total aufgeregt. Seit Monaten geistern immer neue mögliche Standorte durch die Stadt. Generell scheint die Regel zu gelten: Je weniger reales Geld für ein Projekt vorhanden ist desto mehr fiktive Grundstücke stehen zur Verfügung.

Zuletzt hat sich der Münchner Architekt Roland Dieterle mit dem Entwurf einer „Isar-Philharmonie“ ins Rampenlicht drängen dürfen, deren Vision von bemerkenswerter Schlichtheit ist. Aber irgendwie springen alle außer dem Olympia-gebeutelten Oberbürgermeister darauf an: Der Kunstminister findet’s interessant, und Roland Berger ganz toll. Dass das Ding aussieht wie eine Plastiksalatschüssel, die ein Riese beim Picknick im Isarkies vergessen hat, scheint keinen zu stören.

Nun hat sich Oskar Holl, der Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt, mit einem weiteren Vorschlag aus der Deckung gewagt: Man solle doch bitte langfristig an das Areal der Bayerischen Landesbank zwischen Brienner Straße und Oskar-von-Miller-Ring denken. Holl hält es für nicht unwahrscheinlich, dass die Skandal-LB, in Anlehnung an die Pleite-HRE, die vom teuren Lehel nach Unterschleißheim auswanderte, ebenfalls an einen günstigeren Gewerbestandort zieht – und sich damit vielleicht auch irgendwie aus der Schusslinie bringen könnte.

Im Gegensatz zur Isar-Philharmonie ist dies ein erstaunlich hellsichtiger Vorschlag, aber der Prophet gilt im eigenen Lande ja nicht viel. Die Entgeisterung, die Holl entgegenschlug, lässt indessen nur einen Schluss zu: Der Mann hat recht. Banken raus aus München! Auch für Anwaltskanzleien und Unternehmensberatungen sollte das Gebiet innerhalb des Mittleren Rings in Zukunft als eine Art Sperrbezirk gelten.

Und die Philharmonie? An der Elbe wird doch schon so ein Unglücksding gebaut, in dem die Millionen wegsickern wie die Töne wegen der schlechten Akustik im Gasteig.

Am besten, wir schmeißen das nicht vorhandene Geld gleich noch der Bayern-LB hinterher. Dann bliebe wenigstens der Isarstrand, was er ist: Ein Ort, an dem man der Zeit beim Verrinnen zuschauen und von wirklich wichtigen Dingen träumen kann.

Veröffentlicht am: 19.07.2011

Audioausgabe des Artikels
Hören Sie sich hier die Audioausgabe des Artikels an, gesprochen von Christian Weiß:

Über den Autor

Roberta De Righi

Roberta De Righi ist seit 2010 Mitarbeiterin des Kulturvollzug.

Weitere Artikel von Roberta De Righi:
Andere Artikel aus der Kategorie
Herbert Gerhard Schön
20.07.2011 11:32 Uhr

Hallo und Grüß Gott,

auch im Namen meines Werkstatt-Zwillings Hege Wiedebusch bedanke ich mich sehr herzlich für diesen Artikel und hoffe hierbei auch, dass es Ihrerseits keine Einwände gibt, wenn ich den Artikel "Salatschüssel am Isarstrand: Zur immer absurderen Debatte um einen neuen Münchner Konzertsaal" auf dieser Seite

http://finanzgarten.net/page2.php

zum Lesen anbiete.

Mit frohem Gruß aus dem münchner Nordosten,

Herbert Gerhard Schön

Dorfkramer
22.07.2011 08:36 Uhr

Das einzig Besondere an München ist sein immer noch zu spürender dörflicher und naturnaher Charakter mit einer von Kommerz noch etwas verschonten Isar.

Das wird jetzt kapputgemacht. Die Grünen blasen mit ihrer NGO Urbanauten und zahllosen zerstörerischen Architekten zur "Urbanisierung" der Isar.

Die degenerierte Münchner Kulturelite diskutiert tatsächlich, einen solchen Platz zu bebauen und damit den Charakter der Isar zu vernichten. Die haben nicht verstanden, warum München auf der Monocle Lebenswertestadtliste ganz vorne dabei ist.

Architekten hätten genug zu tun gehabt, z. B. um lebenswerte Viertel zu schaffen, da haben sie ja mit Arnulfpark etc. kläglich versagt und gehören letztendlich weggesperrt. Die Stadt sollte die Urbanauten anstellen, damit sie ihre Monatsknete regelmäßig bekommen und dann hoffentlich Ruhe geben mit der Auftragsbeschaffung und der Vernichtung des Charakters von München.