"Herumdoktern tut der Form weh": Arbeiten von Rudolf Bott in der Galerie der Deutschen Gesellschaft für Christliche Kunst

Fordert das reflektierte Auseinandersetzen mit Alltagsgegenständen: Der Künstler Rudolf Bott. Foto: Eva Jünger
Seine Stücke sind zeitlos puristisch. Gebrauchsgegenstände sind sie zweifellos. Bänke, Tische, Kelche, Schalen. Rudolf Bott, in Stockstadt am Main geboren, machte zunächst eine Lehre zum Goldschmied, bevor er über die Zeichenakademie in Hanau und ein Studium an der Akademie der bildenden Künste in München zum Gerät kam. Vergangenen Dienstag erhielt er für sein Schaffen im sakralen Bereich den Gebhard-Fugel-Preis der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst. Seine Freude darüber ist nicht ganz so ausgelassen, wie man es vielleicht erwarten könnte.
Kreuz, Tabernakel und Taufbecken gestaltete er beispielsweise für die Pfarrkirche St. Nikolaus in Neuried. Trotz ihrer zunächst kühlen Erscheinung offenbaren sie Klarheit, Wärme, eine liebevolle Art von Kunstfertigkeit und die ernsthaft-respektvolle Auseinandersetzung mit dem Material. Rudolf Bott ist selten zufrieden. Trotz der Vielfalt seiner Arbeiten, gerade im Bereich der Kirchenausstattung, stört ihn der ideologische Überbau. "Der Künstler verschwindet dahinter", sagt er. Oft muss er Dinge anpassen, ein bisschen abändern. "Dann sind sie nicht mehr so gut. Herumdoktern tut der Form weh." Die Stimme, mit der er diesen Dingen Ausdruck verleiht, ist leise, fast zaghaft. Letzteres verschwindet durch die Gewalt seiner Meinung.
Der in Neuburg an der Donau freischaffend tätige Künstler ist ein stummer Rebell. Er sucht die Konfrontation in seinem Perfektionismus. Seine Art zu Denken stellt die höchste Anforderung an die Institution "Kirche", für die er arbeitet: Wenn man sich darauf einlässt, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der alles hinterfragt und auseinander nimmt, muss man entweder hieb- und stichfest, oder bereit sein, das ebenso zu tun. "Oft ist das Dogmatik versus Humanismus", beklagt der Künstler. Modelle zu seinen Kirchenaussattungen sind in der Galerie der Deutschen Gesellschaft für Christliche Kunst zu sehen.

Dominikuszentrum München: Ein Modell des weißen Alabasterkreuzes ist in der Galerie der DG zu sehen. Foto: Michael Heinrich
Wie eine Ansammlung der Arbeiten in einer Werkstatt sieht es im hinteren Teil der Galerie aus. Die Stücke sind bewusst so arrangiert, dass ein erster Eindruck von Wahllosigkeit entsteht. Kreuz, Stuhl, Tisch. Ein Altar ist sogar umgekippt. Die Sinnhaftigkeit des Ganzen ist zunächst schwer zu erkennen. Aber bald wird klar: Hier sind die Arbeiten Kunstwerke. Sie wurden aus ihrem alltäglichen Kontext herausgenommenund stehen als die Auseinandersetzung eines Künstlers mit einem Gegenstand und folglich dessen Neuinterpretation. Sie haben einen Abstand zur Lithurgie, sind, wie Bott selbst sagt, "unbelastete Fragmente".
Die Stücke lösen sich auch aus dem Raum, für den sie gestaltet wurden. Ein mächtiges weißes Kreuz steht normalerweise aus Alabaster gefertigt im bläulich-mystischen Licht des Dominikuszentrums München. Hier, in der hellen, hohen Galerie, wirkt es entzaubert. Man beginnt, sich mit dem Material, mit der wirklichen Arbeit des Künstlers auseinanderzusetzen. Im vorderen Teil der Galerie stehen drei Vitrinen mit eher profanen Arbeiten. Ein Kerzenleuchter, der wirkt, als würden sich seine Arme um den Ständer drehen, als wäre er mitten in der Umdrehung festgehalten worden. Die scheinbare Bewegung wird dennoch sichtbar. Eine Schale mit Füßen, deren Bedeutung viel Spielraum für Interpretation lässt, schlichte Schmuckstücke, Modelle für Kelche.
Genau das fordert Bott vom Betrachter: Auseinandersetzung. Bewusstwerden. Die Ausstellung selbst wirkt so pur, so frei von aller Schwere. Den Schmerz darüber, dass diese Auseinandersetzung zu selten geschieht, findet man erst im Gespräch mit dem Künstler selbst.
Ausstellung läuft noch bis zum 16. Dezember 2011. Galerie der Deutschen Gesellschaft für Christliche Kunst, Wittlesbacherplatz 2, Eingang in der Finkenstraße.