In der Pinakothek der Moderne geht's vom Wald zum Haus: Neue Perspektiven für die Architektur durch Bauen mit Holz

von Achim Manthey

ETH-Studios Monte Rosa m. Bearth & Deplazes Architekten AG, Neue Monte Rosa Hütte, Wallis, Schweiz, 2009 (Foto: Tonatinh Ambrosetti)

2011 ist das "Internationale Jahr der Wälder", ausgerufen von den Vereinten Nationen. In der beeindruckenden Ausstellung "Bauen mit Holz - Wege in die Zukunft" eröffnet das Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne Einsichten in die ökologischen, ökonomischen, technischen und gestalterischen Möglichkeiten zur Nutzung von Holz im Bau.

Eine etwa 84 Jahre alte Fichte stellt dem Besucher eingangs der Ausstellung ihr mächtiges Wurzelwerk entgegen. Ob sie ihr Leben lassen musste, um als Entree zu dieser Schau zu dienen, bleibt offen. Die Schau  beginnt mit der Darstellung des Waldes nicht nur als Materiallieferant, sondern vor allem als Garant für das Leben auf diesem Planeten. Etwa ein Drittel der Erdoberfläche ist mit Wäldern bedeckt, die durch ein Photosynthese genannte Wunder der Natur Kohlendioxid binden und Sauerstoff freisetzen.

Um diesen Lebensspender zu erhalten, muss der Wald nachhaltig bewirtschaftet und gepflegt werden. Nicht von Ungefähr stammt der allseits bekannte, ökologische Begriff der "Nachhaltigkeit" aus der Forstwirtschaft. Was hierzulande schon seit 1970 gesetzlich geregelt und nahezu gesichert ist, muss in anderen Teilen der Welt nach wie vor als gefährdet angesehen werden.

Nach diesen anschaulich dargestellten, natürlichen Grundlagen erklärt die Ausstellung anhand von Schautafeln und Videoeinspielungen, was für ein ökologisches, energetisches und technologisches Potential im Holz bei der Verwendung im Bau steckt. Dass Holz auch nach der Verarbeitung zum Beispiel im Bau ein Kohlendioxid-Fresser bleibt und damit wesentlich zur Klimaverbesserung beiträgt, dürften die Wenigsten gewusst haben. Neue Fertigungsmethoden, die auch den erhöhten statischen und brandschutztechnischen Anforderungen genügen, werden aufgezeigt.

Weingut Pérez Cruz, Paine, Chile, 2002 (Foto: Juan Purcell)

Richtig spannend wird die Ausstellung zumindest für das nichtfachliche Publikum dann aber bei den Modellen von Holzbauten, die in den vergangenen Jahren international entstanden sind. Es sind Modelle von Großbauten, die gezeigt werden. Der Bau von Einfamilienhäusern, bei dem die Verwendung von Holz von den Fachwerkbauten bis zu kompletten Holzbauten moderner Prägung ohnehin eine lange Tradition hat, wurde hier bewusst ausgespart. Mächtig erstreckt sich das hölzende Dach der Expo-Halle in Hannover über 16000 Quadratmeter, geteilt in zehn Schirme, die jeweils 40 mal 40 Quadratmeter überspannen.

In Bad Aibling entstand 2011 ein achtgeschossiges Wohn- und Bürogebäude komplett in Holzbauweise, dass die Brandschutzanforderungen vollständig und problemlos erfüllt. Das Weingut Peréz Cruz in Chile wurde komplett aus Holz gebaut. Mit einem durchgehenden Dach sind drei Hallen vom Ort der Vergärung der Trauben über die Fasslagerung bis hin zur Abfüllung miteinander verbunden. Auf 2883 Metern Höhe trotzt die 2009 errichtete Monte Rosa Hütte in der Schweiz den durch Höhe und Klime besonderen Anforderungen an Konstruktion, Hülle und Versorgung.

Es ist eine reichhaltige, sehr lehrreiche Ausstellung. Sie zeigt beeindruckende, zukunftsweisende Möglichkeiten der Nutzung des Naturprodukts Holz in der modernen Architektur. Und doch: Mit der Erinnerung an das Unglück in Bad Reichenhall bleibt eine gewisse Skepsis, weil der Faktor Mensch und seine Fehlbarkeit nun einmal ein Risikofaktor bleibt.

Bis zum 5. Februar 2012 in der Neuen Pinakothek in München, täglich außer Mo. von 10-18 Uhr, Do. von 10-20 Uhr.

Veröffentlicht am: 03.12.2011

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