Da weint das Fohlen: Die Schauburg inszeniert ein Märchen - und vergisst dabei die Magie
Die magische Wirkung einer Pferdekopfgeige hat der Film „Die Geschichte vom weinenden Kamel“ gezeigt. Wie das mongolische Nationalinstrument entstand, erzählt ein Märchen. Danach schrieb Rudolf Herfurtner sein Stück „Das Geschenk des weißen Pferdchens“, mit dem die brasilianische Regisseurin Mayra Capovilla die Melancholie des Wilden Ostens in die Schauburg holt (für Kinder ab 6).
Hier weint kein Kamel, sondern ein halbtotes Fohlen. Dessen Tränen rühren den jungen Hirten Suhe so, dass er es pflegt und beschützt, bis es zu einem Prachtpferd wächst. Vor einem Rennwettbewerb bringt ein Konkurrent das Wundertier um. Im Traum bittet es Suhe, aus seinem Körper eine Pferdekopfgeige zu bauen.
Von zwei Tribünen blickt man in eine Rund-Jurte mit Kastenbett und rauchendem Ofen in der Mitte (Bühne: Hans-Peter Boden). Gegenüber sitzt auf einem Podest der mongolische Musiker Tumursaikhan Yanlav: Er spielt die Morin Khuur, die zweisaitige Geige mit eckigem Korpus und geschnitztem Pferdekopf am Hals. Er beschwört auch mit Kehlkopfgesang Fluss-Tiefen oder Frühlings-Hoffnungen. Zur großen Trauerklage setzt er sich wie ein Geist im traditionellem Kostüm in die Jurte.
Leider findet das völkerkundlich lehrreiche Ambiente keine Entsprechung in der Darstellung. Ihre hier völlig unpassende Alltagskleidung peppen die Schauspieler mit Kostümteilen auf, wenn sie in die mythischen Rollen schlüpfen. Enkel Tasi (Johannes Klama) fordert vom sterbenden Großvater (Peter Wolter) die Erzählung der Sage ein, Berit Menze wuselt als Großmutter herum. Hektisch springen sie zwischen erzählenden und erzählten Figuren hin und her. Für Magie lässt die Regie keinen Raum, auch die Lieder mit deutschem Text sind ohne Atmosphäre. Solche bemühte Theaterei kennt man sonst von der Schauburg nicht.
Gabriella Lorenz
Schauburg, 13., 30. Nov., 19.30 Uhr, Tel. 233 371 55