Gastrokritik zum Restaurant Zur Flosslände: Esoterik-Tempel mit Vollbeschallung

von Michael Grill

Die Isarauen zwischen der Anlandestelle am Flusskanal und dem Naturbad Maria Einsiedel haben durchaus etwas von einer verwunschenen Traumlandschaft. Und tatsächlich: Da steht ein Schlösschen, in dem es Augustiner gibt. Doch gutes Bier reicht natürlich nicht für eine Wirtschaft, die „Restaurant & Isarlounge“ sein will. Die „Flosslände“ hatte jahrelang ihre begeisterte Fangemeinde im Münchner Süden. Vor einiger Zeit gab es einen Pächterwechsel – das macht neugierig, was aus dem Haus geworden ist.

Beim Hereinkommen gibt es erst mal einen einen Schock für die Augen. Wohlwollend könnte man von einem bodenständigen Esoterik-Tempel sprechen: jede Menge Tand, Holzmöbel in allen Farben, eine geschlämmte Bruchsteinwand mit einer Kalksteinplatte samt Löwen-Malerei auf dem Absatz, an der Decke eine güldene Himmelsscheibe und eine Art Feng-Shui-Spirale. Auf gut Deutsch: Da passt gar nichts zusammen. Also direkt rein ins kulinarische Vergnügen? Schaun wir mal.

Die Weinkarte listet ausschließlich Produkte aus ökologischem Anbau – Punktgewinn! Aber kein einziges deutsches ist darunter – so wird Öko zur Farce, Punkt wieder weg! Im Laufe des Abends enttäuschten die Weinempfehlung, ein unauffällig-fader Grechetto Colli Martani (5 Euro) und der pflaumig-zimtige, aber ohne eigene Note bleibende Primitivo (6). Angenehm waren der argentinische Rosé (4.50) mit Wilderdbeer-Aromen im Abgang und der Grüne Veltliner (4.50) mit Honig-Harmonien.

Bei den Speisen bleib es ebenfalls beim „Ja, aber...“ Die Antipasti (8.90) waren sommerlich-frisch und angenehm unaufdringlich abgeschmeckt, wurden aber von einem viel zu großen Berg zäher Mozarellakugeln begleitet. Beim Vitello Tonnato (10.90) erfreuten uns auffallend schmackhafte Oliven und das sehr zarte Kalbfleisch, doch leider wurde alles unter einer dicken Decke Thunfischsoße erstickt. Das gegrillte Lammkotelett (15.90) lag sehr übersichtlich mit einer mächtigen Ofenkartoffel auf dem Teller. Das Fleisch war sehr bockelig, was aber für den echten Lamm-Freund in Ordnung ist, die Speck-Bohnen-Röllchen gerieten nur optisch auffällig. Die Forelle (12.90) trug eine lustige Verpackung aus Pergamentpapier, die alles im Inneren saftig halten sollte und einen leckeren Sud sammelte. Die Saftigkeit gelang aber nur beim Gemüse.

Und weiter mit dem Hin und Her: Das marmorierte Mousse ou Chocolat (5.90) – eine schön leichte Freude mit besonders sämigen Erdbeeren. Doch der Teig vom Zwetschgenstrudel mit Vanilleeis (5.50) war so pappig und zäh, dass die Flößer ihn besser als Dichtungsmaterial verwenden sollten.

Die internationale Küche in der Flosslände hat also Stärken und Schwächen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ganz überwiegend im Lot. Was aber dringend verbessert werden muss, ist die Akustik: Es war den ganzen Abend über so entsetzlich laut, dass man fast heiser vom Tischgespräch nach Hause kam. Und eine „Isarlounge“ stellen wir uns entspannender vor.

Zentralländstr. 30, Mo – Fr 16 – 22 Uhr, Sa/So 11 – 22 Uhr, Reservierungen unter Tel. 54043606, www.villa-flosslaende.de. Diese Kritik entstand nach einem Besuch des Lokals im Juli 2010.

Veröffentlicht am: 29.11.2010

Über den Autor

Michael Grill

Redakteur, Gründer

Michael Grill ist seit 2010 beim Kulturvollzug.

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