Der Wissenschaftswissenschaftler: Das ZKM Karlsruhe würdigt den fast übermenschlich großen Herbert W. Franke
Herbert W. Frankes "Goldbogen" von 2007, eine Computergrafik, die mit der Software Mathematica und Bryce entstand. Foto und Copyright: Herbert W. Franke
Karlsruhe ist von München aus gesehen nicht der nächste Weg. Aber wer sich für Computer, Grafik und Science Fiction sowie alles, was damit irgendwie zusammenhängen könnte, interessiert und in den nächsten Tagen ans westliche Ende der A8 gelangen sollte, dem sei ein Abstecher ins ZKM dringend empfohlen. Im Zentrum für Kunst und Medientechnologie, das ja ohnehin die maßgebliche Einrichtung hierzulande für diese Sparten ist, wird eine Person vorgestellt, deren Wirken so dermaßen fundamental und vielfältig ist, das es fast schon übermenschlich wirkt: Es geht um den in Wien geborenen und bei München lebenden, mittlerweile 83jährigen Herbert W. Franke.
Vor allem jene, die Franke noch nicht oder nur einen Teil seines Schaffens kennen, können durch die Ausstellung eine Persönlichkeit erleben, bei der man den Eindruck hat, sie habe mindestens fünf Leben auf einmal: Franke ist einer der frühesten experimentellen Computerkünstler, der die Entwicklung elektronischer Ästhetik maßgeblich mitbestimmt hat, der schon in den 40er Jahren begann, Grundlagen für „bildgebende Systeme“ zu erarbeiten, und der später die „Ars Electronica“ in Linz mitgründete. Er schrieb Bücher über Physik und Mathematik, über Bionik und Evolutionsforschung, er ist Philosoph und Kunstwissenschaftler. Er ist außerdem ein versierter Höhlenforscher und Abenteurer, schreibt darüber natürlich ebenso Bücher, er sammelt Kakteen und Mineralien, um an ihnen Theorien zu Symmetrie und Bionik zu entwickeln.
Und schließlich ist er einer ganzen Lesergeneration bekannt als Autor von Sciene-Fiction-Bestsellern, wie „Flucht zum Mars“ und „Zone Null“. Dass es von Franke auch frühe Gedichte und späte Theaterstücke gibt, zwischendurch Filme und andere Bühnenwerke sowie überhaupt fast alles, was ein halbwahnsinniger Künstlerkopf machen kann, um seine Energien zu bündeln, verwundert da schon gar nicht mehr.
Franke ist sozusagen ein Wissenschaftswissenschaftler. Allein sein Einfluss als experimenteller Programmierer und Maschinenästhet auf unsere heutigen virtuellen Welten ist kaum abschätzbar.
Franke schreibt auch Stücke fürs Puppentheater. Hier eine Szene aus dem Science-Fiction-Marionettenspiel „Der Kristallplanet“. Copyright: Marionetten-Theater Bad Tölz / Foto: Sigrid Hofstetter
Die Ausstellung im ZKM zeigt dies alles an vielen Originalen, die ja bei frühen Computerwerken nicht immer leicht publikumsgerecht vorführbar sind. Mit einigen Rechen-Dinosaurieren, die mit heutiger Präsentations-Technik aufgerüstet wurden, gelingt dies hervorragend. Ein schöner haptischer Einstieg, aber im Vergleich zu Frankes Pioniertaten etwas zurücktretend, ist die erstmals öffentlich realisierte Rauminstallation „Das Netz“, in der man sich durch ein Labyrinth aus Schnüren zu Frankes Gedankenwelten vorarbeiten muss. Das steht etwas banal für die Vielfalt seines Schaffens, ist aber hübsch und macht auch Kindern Spaß. Auf Augenhöhe könnte man Frankes Intellekterruptionen ohnehin nicht begegnen.
„Herbert W. Franke – Wanderer zwischen den Welten“ im ZKM Karlsruhe (Lorenzstraße 19) - leider nur noch bis zum 9. Januar (Mo-Fr 10-18 Uhr, Sa und So 11-18 Uhr). Am Sonntag zur Finissage liest Franke ab 16 Uhr aus seinen Science-Fiction-Romanen. Infos auch unter www.zkm.de. Auf der Homepage des Forschers, die so aussieht, wie man sich die Homepage eines Wissenschaftsfreaks vorstellt, lässt sich unabhängig von der Ausstellung etwas über sein Gesamtwerk erfahren: http://www.biologie.uni-muenchen.de/~franke/