Carl Barks' Tierwelt im Museum Mensch und Natur

Entenhausen oder die Erforschung einer Parallelwelt

von Achim Manthey

Der Gemeine Duckmäuser (Duckomus vulgaris) (c) Disney

Die Ausstellung "Biodiversität in Entenhausen" untersucht den im Comic lebenden Mikrokosmos der Familie Duck auf sehr vergnügliche Weise.

Der Rüsselschnurps (Proboscides nihilaliquid) ist auch im Entenhausener Universum eine seltene Spezies. Etwa 30 Zentimeter groß, zurückgebildeter Unterkiefer, dafür ein langer roter Rüssel, auf dem Kopf ein kleines zweiendiges Geweih, bleibt das Vieh ein Rätsel. Lebensraum und Verhalten sind unbekannt und Gegenstand weiterer, intensiver Forschung. Im Privatzoo Duck ist jedenfalls ein Exemplar anzutreffen. Da tut man sich mit dem Gemeinen Duckmäuser (Ducomus vulgaris) schon leichter: Ein Wesen mit dem Körper einer Ratte und einem Entenschnabel, das auch in unseren Breiten gelegentlich vorkommt.

Was ist, wo liegt dieses Entenhausen überhaupt? Die Frage ist bis heute umstritten, wobei es weniger um die geografische Lage als vielmehr darum geht, wie diese Siedlung in unserem Weltbild zu verorten ist. Während ältere Theorien sie auf unserem Planeten sahen, allerdings in einer fernen Vergangenheit oder Zukunft, herrscht heute die "Parallelwelt-Theorie" vor. Hiernach liegt Entenhausen zwar auf der Erde, aber eben nicht auf der unsrigen, sondern auf einem Anaversum namens stella anatium ("Entenstern"). Die Bewohner teilen sich in "intelligENTE" und "nicht intelligENTE " Lebewesen - auch hier bestehen gewisse Parallelen. Ein Unterschied bleibt insofern, als dort viele Wesen, die man spontan dem Tierreich zuordnen würde, antropomorphe Züge aufweisen, den aufrechten Gang beispielsweise oder die Fähigkeit zur Gesichtsmimik. Der Laufbarsch (Parca ambulans), auch " Fliehender Fisch" genannt, gibt hierfür beredtes Beispiel, denn er hat im Lauf der Evolution die Schwanzflosse so ausgebildet, dass sie wie ein Paar Beine auch zum Rennen verwendet werden kann.

Seeschlange (Phantasma naviraptoricum) (c) Disney

Ich merke schon, verehrte Leserin, lieber Leser: So ein Blödsinn, denken sie gerade. Aber weit gefehlt. Vater dieses Mikrokosmos war der berühmte Disney-Zeichner Carl Barks (1901-2000), der nicht nur die Duck-Familie (Donald, Dagobert, Daisy nebst Verwandten, Freunden und Feinden) schuf, sondern auch die Entenhausener Welt erschaffen und um eine Vielzahl tierischer Lebewesen bereichert hat, die in den weltbekannten Comics teils vorkommen - siehe das Entenhausener Streifenhörnchen (Tamias striaoides) - teils aber auch verborgen bleiben.

Diese Welt galt es zu erforschen und wissenschaftlich fundiert zu dokumentieren. Auf Initiative von Erika Fuchs (1906-2005), der langjährigen Chefredakteurin und kongenialen Übersetzerin der Comics, gründete sich die "Deutsche Organisation der nichtkommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus" (D.O.N.A.L.D.), deren Wissenschaftler sich mit bekannt deutscher Gründlichkeit auf diese Aufgabe stürzten. Herausgekommen sind korrekte, de lege artis entstandene Beschreibungen der Entenhausener Tierwelt, die eine ernstzunehmende zoologische Kategorisierung nach Stämmen, Unterstämmen, Klassen und Unterklassen ermöglichen. Sofern Barks in seinen Berichten, wie seine Comic-Zeichnungen von den Forschern genannt werden, keine Trivial- oder wissenschaftlichen Namen vorgab, haben sie diese  - "das ist nun mal das Privileg des wissenschaftlichen Erstbeschreibers", wie es im Buch zur Ausstellung heißt - kurzerhand selbst festgelegt.

Den Besucher der Schau erwarten mannigfaltige Begegnungen: Das rosa Krokodil ist zu sehen, die Goldene Gans, der Seltene Fisch ebenso wie der Quadratische oder die Neurotische Nachtigall. Und welche Gefahren gehen vom Gurkenmurkser aus, vor dem keine Gurkenernte sicher ist, wenn er nicht durch die Pestwespe infiziert und unschädlich gemacht wird. Ein Musterbeispiel für biologische Schädlingsbekämpfung.

Die Ausstellung ist durch das Naturkunde-Museum in Bamberg zusammengestellt worden und wurde dort 2012 zum ersten Mal gezeigt. Sie ist für Groß und Klein lehrreich und höchst vergnüglich. Und sie verleitet dazu, im Keller oder auf dem Dachboden in alten Schränken oder Kisten nach den alten Comics zu forschen. Hingehen!

Bis zum 2. Juni 2013 im Museum Mensch und Natur in München, Nymphenburger Schloss, Di-Fr 9-17 Uhr, Do bis 20 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-18 Uhr, Katalog 5 Euro.

Veröffentlicht am: 17.03.2013

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