Fotografische Arbeiten von Mladen Bizumic in der Galerie Sachs

Ausgeknipst?

von Achim Manthey

Kodak Redistribution Center - The Best Pictures in Town (c) Mladen Bizumich/Foto: Christoph Knoch

Die Ausstellung "Keep me. Protect me. Share me." mit jüngeren Arbeiten von Mladen Bizumic untersucht die Frage nach der Berechtigung von Fotografie heute. Eine Antwort findet sie nicht.

Der Hund liegt auf den glänzenden Fliesen eines modernen Baus vor dem Lift und träumt vom Wald. In dem analogen Schwarz-Weiß-Foto visualisiert Mladen Bizumic den tierischen Traum durch einmontierte Kontaktstreifen, auf denen eine Folge von farbigen Urwald-Aufnahmen zu sehen ist. Der Film: Kodachrome. Der Ort: Das Kodak Restribution Center.

Es ist paradox: Ausgerechnet die DC-100 läutete das Ende der Eastman Kodak Company ein. Schon 1975 hatte der Ingenieur Steven Sasson in den Diensten des Unternehmens die erste Digitalkamera erfunden, nicht serienreif und mit etwa 25.000 US-Dollar ohnehin unerschwinglich. Zum Schutz der damals weltweit führenden Produktion unter anderem von Foto-Filmen beschloss der Verwaltungsrat von Kodak, den Weg einer Entwicklung filmloser Kameras nicht weiter zu verfolgen. Eine kurzsichtige, folgenschwere Fehlentscheidung, denn die Weltmarkführerschaft geriet schon bald ins Wanken. Peu á peu ging es bergab über die Jahre, ein um der andere Geschäftszweig wurde erst zurückgefahren, dann eingestellt. Am 20. Janaur 2012 musste die traditionsreiche Firma Kodak unter den Schutz des Chapter 11 des amerikanischen Insolvenzrechts schlüpfen. Damit einher ging das Aus für die Arbeitsmaterialien für Generationen von Fotografen.

Picture Material Nantes (c) Mladen Bizumic/Foto: Christoph Knoch

Das Verschwinden von Kodak von Fotomarkt nimmt Mladen Bizumic, 1976 in der Woiwodina im ehemaligen Jugoslawien geboren, in Neuseeland aufgewachsen und heute in Wien beheimatet, in seinen in der Ausstellung gezeigten Arbeiten auf. Ausgangspunkt sich drei Grundkomponenten beim Gestaltungsprozess: Raum, Zeit und - hier - Fotomaterial. Fällt eine davon weg, zerbricht das gesamte Konstrukt. Bizumic stellt das unterschiedlich dar. Da gibt es den geknickten Horizont bei dem auf Kodak-Papier entwickelten "Kodak Twofold Horizon" oder die Collage "Kodak Restribution Center (The Best Picture in Town)", bei der in das eingangs bereits erwähnte Schwarz-Weiß-Bild nun die Teile einer Kodak-Versandtasche für entwickelte Filme montiert sind. Tausendfach geschredderte ("Picture Material") oder gelochte ("Kodak Proof Sheet Confetti") Prints zeigen neue Verwertungsmöglichkeiten und ergeben zugleich neue Fotografien. "Substitute (Kodak Polaroid EK-160 EF" zeigt eine Sammlung völlig verkohlter Kodak-Kameras - Symbol für einen wohl endgültigen Übergang in eine neue Aera.

Die Ausstellung bietet weder einen nostalgischen Rückblick auf die Fotografie des 20. Jahrhunderts noch eine Ironisierung einer auf einer Reihe unternehmerischer Fehlentscheidungen beruhenden Pleite von Kodak. Humorvoll, poetisch und auch politisch nimmt Bizumic dies zum Ausgangspunkt einer Fragestellung nach den formalen Grenzen von Fotografie. Lösungsansätze bietet die Schau nicht, denn die Darstellungsform auch des technisch produzierten Bildes bleibt dem Moment verhaftet.

Die Ausstellung wird ergänzt durch einige Arbeiten aus der Reihe "Sometimes Old, Sometimes New", Fotocollagen aus alten, 1894 entstandenen Architekturaufnahmen mit solchen moderner Neubauten. Das steht für sich, ist im Gesamtkontext der Schau allerdings überflüssig, da verwässernd.

Bis zum 25. Mai 2013 in der Galerie Karin Sachs, Augustenstraße 48 in München, Di-Fr 13-18 Uhr, Sa 12-16 Uhr, Eintritt frei.

 

Veröffentlicht am: 21.05.2013

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