Fotografie von Will Morali bei Nick Hermanns im Blauen Haus
Nicht nur betuliche Huldigung an die Natur
In der Ausstellung "Landschaftsimpressionen" zeigt Willi Morali Gegenden in Schwarz-Weiß. Ein schönes Beispiel, wie es ist, wenn Handwerk zur Kunst wird.
Eine Treppe inmitten der hügeligen Landschaft auf Valentia Island in der irischen Grafschaft Kerry. Sie dient dem Spaziergänger zum Überqueren des Weidezauns. Das Detail ist auf der im Mai 2009 entstandenen Fotografie "Folimore-Waterville" kaum zu erkennen und doch ein Blickfang, der wie zufällig, unbeabsichtigt in die Aufnahme geraten zu sein scheint. Denn die Motive der Bilder von Willi Morali sind eher unspektakulär, erwecken beim ersten Hinsehen häufig gar den Eindruck, er habe einfach mal draufgehalten wie bei Urlaubsfotos. Der im Oktoberv 2012 in Lohme auf Rügen aufgenommene "Naturhafen" ist so ein Beispiel. Doch der erste Eindruck täuscht.
Willi Morali (64) wurde im Sauerland geboren. Beruflich ist er als Bauzeichner tätig. Die Akrebie, die diese Tätigkeit erfordert, könnte Erklärung sein für die Qualität der fotografischen Arbeit. Seit früher Kindheit ist er mit der Kamdera unterwegs, war aber, wie er in einem Text zur Ausstellung erklärt, mehr als zehn Jahre lang auf der Suche nach seinem Weg, seinem Platz in der Lichtbildnerei. Seit 1990 arbeitet er ausschließlich in Schwarz-Weiß im Mittel- und Großformat. Morali lebt ind arbeitet im rheinischen Velbert.
Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten sind zwischen 2009 und 2012 in Irland, auf Rügen und im Rheinland entstanden. Es sind kleine Momente wie der durch die Astgabel eines Baumes blinzelnde Sonnenstrahl, der mächtige, durch zwei Baumstämme aufgenommene Stein am Ostseestrand auf Rügen oder schlicht der Tümpel im heimischen Wald. "Meine Landschaftsfotografie ist eine Huldigung an die Natur, deren Schönheit und Einzigartigkeit mit all ihrer Vielfalt und ihren wechselnden Stimmungen mich immer wieder aufs Neue fasziniert", schreibt der Künstler im Vorwort zur Ausstellung.
Kunst ist das indes noch nicht. Dazu sind die Bilder zunächst motivisch zu profan, zuweilen übertrieben lieblich. Aber dann bringt Morali das gute alte Handwerk ins Spiel, und das auf eine Weise, wie sie nur noch selten zu finden ist. Kunst entsteht. Die Aufnahmen werden von ihm selbst im analogen Labor entwickelt, auf Barytpapier vergrößert und mit unterschiedlichen Splittonungstechniken unter Verwendung fotochemischer Materialien getont. Durch die sorgfältige, individuelle Ausarbeitung entstehen Bilder von außergewöhnlicher Klarheit und einem Detailreichtum, in dem jedes Blatt, jeder Grashalm und eben auch die kleine Treppe in der Landschaft erkennbar werden. Das hat in seiner Vielfalt fast bruegelhafte Qualität.
Die kargen Landschaften Irlands mit ihren aufgelassenen, verfallenden Gehöften sind in morbide Stille getaucht wie auf den Bildern "Alte Farm #1 und 2" oder "Verlassener Cottage". Nur der Wind von See streicht sanft darüber hinweg und bringt Leben ins Motiv. Nachgerade mystisch kommt das im November 2012 im Jasmund Nationalpark auf Rügen entstandene Foto mit dem Titel "Tod am Meer" daher. Es zeigt an die Steilküste geworfenes, grobes Strandgut, Baumstämme, Äste und Gestrüpp, das vom Meer freigegeben wurde. Langzeit- und Überbelichtungseffekte zur seewärtigen Seite des Motivs hin erzeugen eine rätselhafte und zugleich faszinierende Stimmung.
Willi Morali schafft durch akribisch betriebenes Handwerk Kunst. Das ist in Zeiten oft übertrieben agressiver Bildbearbeitung mit digitalen Mitteln vor allem auch eines: wohltuend.
Bis zum 7. Juni 2013 in Nick Hermanns Fotogalerie im Blauen Haus, Schellingstraße 143/Ecke Schleißheimer Straße in München, Di-Fr 15-19 Uhr, Sa 11-16 Uhr, Eintritt frei.