Fotografische Bastelarbeiten von Peter Langenhahn
Eingefrorene Zeit in Bildern
Die Ausstellung "Zeitwinkel" in München präsentiert großformatige Fotoarbeiten von Peter Langenhahn, bei denen sich Begeisterung und Skepsis die Waage halten.
In den Sporthallen und im Stadion ist das Chaos ausgebrochen. Unzählige gelbe Tennisbälle umschwirren jede Menge Spielerinnen auf dem Court, bilden Kapselformen, gehen auf das Publikum los. Mehr als 22 Fußballerbeine stürmen, fallen, foulen. Fotografen knipsen sinnfrei ins Leere, Fernsehkameras übertragen nichts, während die Screenwand über den Zuschauern etwas abbildet, das jedenfalls nicht an diesem Ort stattzufinden scheint. Was ist da los?
Urheber der Verwirrung ist der junge Fotograf Peter Langenhahn. Er bildet genau das ab, was im Moment der Aufnahme geschieht - das fertige Werk zeigt es nur nicht so. Langzeitbelichtungen sind nicht im Spiel. Denn dadurch würden Bewegungen bis hin zur Unkenntlichkeit des Motivs aufgeweicht. Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten sind aber bis in die Details scharf.
Peter Langenhahn (29), der in Neuruppin geboren wurde und in Augsburg Interaktive Medien und Kommunikationsdesign studiert hat, täuscht durch den Einsatz aufwändiger Technik eine so nicht wirklich zu erkennende Realität vor. Er besucht - meist - Sportveranstaltungen, bei denen er ganz klassisch zunächst tausende von Einzelbildern mit der Kleinbildkamera aufnimmt. Am Rechner wählt er dann aus und fügt hunderte von Einzelbildern zu einem Gesamtwerk zusammen, in dem Übergänge nicht mehr erkennbar sind. Ein mehrstündiges Ereignis wird eingefroren, als wäre die Zeit stehen geblieben. Augenblicke, die zeitgleich an unterschiedlichen Stellen an demselben Ort stattgefunden haben, sind plötzlich isoliert dargestellt, erzählen eine eigene Geschichte ohne die Gewißheit, dass es gerade auch tatsächlich so war. Nicht auszudenken die Wirkung, die sich ergeben könnte, würde der Künstler seine Arbeit an andere Orte dieser Welt verlagern, auf den Tahir-Platz in Kairo etwas oder aktuell nach Istanbul oder auch nach Frankfurt.
Die Fotoarbeiten erinnern an die früheren Wimmelbilder mit ihrem Detailreichtum. Bruegel digital? "Zeitwinkel" - Der Titel der Schau leitet sich ab aus den Begriffen "Zeit" und "Weitwinkel". Ersteres benötigen sowohl der Künstler wie der Betrachter, letzterers ist schnöder Schein.
Beeindrucken die Arbeiten, die man mit Zeit anschauen muss, um sie zu erfassen, schon als hochwerige Prints, wird das Seherlebnis in der Ausstellung durch die Präsentation in großformatigen Leuchtkästen noch einmal gesteigert. Und doch: Während der fotografische Technikfreak mit verdrehten Augen genüsslich mit der Zunge schnalzen wird, bleibt der Fotofreund - auch er kann sich ehrlicherweise nicht ganz entziehen - doch etwas ratlos zurück.
Bis zum 22. Juni 2013 in der Galerie Jordanow, Zieblandstraße 19, 4. OG, in München, täglich von 12-18 Uhr, Eintritt frei.