"Austrian Psycho" bei Radikal Jung im Volkstheater - Kritik von Gabriella Lorenz
Kein Stück, nur unbrauchbares Zeug
Künstlergruppen suchen sich gerne verrückte Namen. Selten dürfte einer treffender und ehrlicher sein als „Unkoordinierte Bewegung“. Ein Mitglied dieses Wiener Kollektivs erreichte im Oktober 2013 überregionale Aufmerksamkeit: Christian Diaz, Kunststudent und im Nebenjob Kartenabreißer im Wiener Burgtheater, erklomm beim Kongress „Von welchem Theater träumen wir?“ unangemeldet die Bühne und redete vier Minuten lang über den Konzern G4S, bei dem er angestellt war. Group 4 Securior ist der größte europäische Sicherheitsdienstleister, der den outgesourcten Publikumsdienst des Theaters verwaltet sowie Gefängnisse und Flüchtlingsheime in England und USA leitet. Der vorbereitete Auftritt von Diaz machte Skandal, prompt wurde die Gruppe zum Festival „Radikal jung“ eingeladen.
Was die unkoordinierten Jungkünstler vor das Problem stellte: Was machen wir da? Denn sie haben nur das Thema Diaz und die G4S, die ihn natürlich entlassen hat. Und sie haben kein Konzept, nur eine Weltverbesserungs-Botschaft. Also veranstalten sie einfach ein Happening (so hieß das in den 1970ern). Hauptsache: Aufsehen! Mit dem Vorwand, Uli Hoeneß habe seine Villa an Flüchtlinge verschenkt, pilgerten sie zur Danksagung in Priester- und Nonnenkutten vor dessen Anwesen. Die Presse war natürlich dabei.
Dass die Aktion gescheitert war, gaben sie dann wenigstens zu bei ihrer als „Austrian Psycho“ annoncierten Performance. Die eingestandene Hilflosigkeit war unübersehbar. Erst tanzte ein wildgewordenes Sparifankerl im Glitzersuite in Hamlet-Posen herum, um redundant zu beteuern, dass es nie Hamlet sein wollte. Und schon gar nicht auf Festivals herumgereicht werden wolle. Aber man müsse Innen und Außen zusammendenken und das Theater nach Außen tragen, damit es gesellschaftlich wirken könne. Schließlich hänge doch Alles mit Allem zusammen.
Nach ein paar Videos der Hoeneß-Aktion wiederholten das der echte Diaz und seine vier anonymen Mitstreiter bei der Publikumsdiskussion als Performance-Teil. Einziger Unterhaltungsfaktor: die subversiven Einwürfe eines maskierten Kunst-Greises mit verzerrter Quäkstimme.
Schön, sie haben ihr Festival-Forum gehabt. Ohne es zu nutzen. Immerhin: Sie fordern das Unbrauchbare Theater. Und liefern es.
Eine weitere Kritik zu "Austrian Psycho" erschien im KV hier.